Wir
erinnern uns an Grass' gerechter
Kritik an Busch. Nichts gegen
Isreal als dt.
J.Gaardener oder schon durch diese Enthüllungen glücklich für die Täter gelähmt?
Sonntag,
den 20 August
under constr.
Politik
Grass-Debatte
Nebel über der Vergangenheit des Dichters
Mit seiner Unehrlichkeit ist Günter Grass auch als deutscher Nationaldichter
gescheitert, glaubt der US-Historiker Daniel Jonah Goldhagen. Das Gesamtwerk
des Nobelpreisträgers müsse nun neu gelesen und interpretiert werden.
Von Anjana Shrivastava
Historiker Goldhagen: Das Gespenst der Waffen-SS lauerte immer hinter Grass'
Schreibtisch
Foto: dpa
WELT.de: Millionen Deutsche haben in dieser Woche das Dokument der US-Armee gesehen,
das Günter Grass als Mitglied der Waffen-SS-Division
Frundsberg ausweist. Wie verhält sich dieses gerichtsfeste Beweisstück
zum literarischen Lebenswerk des Schriftstellers Günter Grass?
Daniel Noah Goldhagen: Man kann Schriftstellern generell zugestehen, dass ihre
Romane literarische Produkte sind, die aus der Vorstellungskraft des Autors entstanden.
Doch nach dieser Offenbarung fällt es schwer, diese Annahme auch für
Grass gelten zu lassen. Wir könnten heute davon ausgehen, dass das Gespenst
der SS-Mitgliedschaft immer hinter dem Dichter am Schreibtisch lauerte, wenn
Günter Grass die Feder führte. Sein Werk wird nun wohl von seinen Lesern
anders gelesen und von seinen Kritikern neu interpretiert werden. Und wahrscheinlich
haben Leser und Kritiker allen Grund dazu. Die literarischen Errungenschaften
von Günter Grass werden nun zu einem gewissen Maße von Fragen und
Zweifeln überschattet. Wurde dieses oder jene literarische Detail eingeführt,
um Nebel über die Vergangenheit des Dichters zu legen? Ging es Grass darum,
sich von Schuld freizusprechen? Betrachtet man die öffentlichen Äußerungen
von Grass, deutet zweifellos vieles in diese Richtung. Nun wird man prüfen
müssen, ob es auch in seinem Werk zuvorderst um Nebel und Schuld ging.
WELT.de: Grass gilt seit Jahrzehnten als deutscher Nationaldichter. Kann er diese
Rolle noch spielen? Oder macht ihn das späte Bekenntnis und die Gedächtnislücken
gerade zu einem typischen Vertreter seiner Zeit und seiner Nation?
Goldhagen: Grass wurde in den vergangenen Tagen so massiv gescholten für
seine Täuschungen und Lügen, seine heuchlerische Moral. Und er verdient
diese Kritik. Nichts davon allerdings entwertet seine alte Position, wonach die
deutsche Vergangenheit nicht verdrängt, begraben oder trivialisiert werden
sollte. Ich glaube, er sollte weniger für seine Heuchelei verurteilt werden,
schließlich ist es besser, wenn sich ein lasterhafter Mensch tugendhaft
gebärdet, als sich lasterhaft zu geben: Sein Schweigen und seine Lügen
sind eher das Problem. Wenn man über seine Unehrlichkeit zu seiner Person
nachdenkt, kommt man zu dem, wofür er am meisten kritisiert werden sollte,
dass er versagt hat, das zu tun, was ihn wirklich zum Nationaldichter auserkoren
hätte: nicht nur die Wahrheit zu erzählen, sondern so, wie niemand
sonst es hätte tun können.
WELT.de: Wie hätte er das tun können?
Goldhagen: Was in der ganzen, umfangreichen Literatur über den Nazismus
und den Holocaust leider fehlt bisher ist eine starke literarische Darstellung
der moralischen Degeneration Deutschlands unter dem Hakenkreuz. Jemand, der literarisch
so talentiert ist wie Grass, hätte das leisten können. Er hätte
die Gedanken- und Gefühlswelt eines Jungen schildern können, der in
einer Gesellschaft groß wird, die ihre Jugend mit Rassismus und Barbarei
so komplett vergiftet, dass diese jungen Menschen schließlich bereit waren, über
den europäischen Kontinent als apokalyptische Krieger und Henker herzufallen.
Dass Grass nun behauptet, seine erste Begegnung mit direktem Rassismus habe er
in einem amerikanischen Kriegsgefangenenlager erlebt, obwohl er in der schlimmsten
und offenkundigsten rassistischen Gesellschaft des 20. Jahrhunderts groß geworden
ist, zeigt, dass er der Wahrheit seiner eigenen Geschichte und der seines Landes
nicht wirklich nahe gekommen ist.
WELT.de: Könnte es sein, dass die Bücher vom Imre Kertesz oder Victor
Klemperer ? also die eher nüchternen Zeugnisse von Opfern des Holocaust?
wichtigere Paradigmen in der literarischen Auseinandersetzung mit der NS-Zeit
geliefert haben als Günter Grass, der sich fiktiver und fantastischer Geschichten
bediente? Sie selbst haben mit ihrem Sachbuch „Hitlers willige Vollstrecker" vor
zehn Jahren eine breite und emotionale Diskussion in Deutschland entfacht. Für
wie wichtig halten Sie die Nationalität des Autors in diesem Zusammenhang?
Goldhagen: Einer der außergewöhnlichen Aspekte der Nachkriegs-Auseinandersetzung
Deutschlands mit seiner Vergangenheit ist der starke internationale Einfluss
auf die nationale Debatte. Ausländische Autoren und Intellektuelle haben
stets sehr wesentliche Beiträge geliefert. Das lag zum einen an der totalen
Niederlage im Jahre 1945 – Deutschland war besiegt, besetzt, und brauchte
dringend eine politische und kulturelle Erneuerung. Der Einfluss der USA auf
Westdeutschland war immens – und die Bundesrepublik war auf die USA aus
Gründen der Legitimität dringend angewiesen. Deshalb spielte für
Deutschland die Nationalität eines Autors kaum eine Rolle. Auch das Medium
war nicht so wichtig – die Romane zur NS- Zeit hatten vermutlich den geringsten
Einfluss auf die Diskussion. Eine große Wirkung auf das deutsche Nachkriegsbewusstsein
hatte zum Beispiel die in den USA produzierte Fernsehserie „Holocaust." Auch
die „Wehrmachts-Ausstellung" des Reemtsma-Institutes provozierte wichtige
Diskussionen.
WELT.de: Sie halten Grass' Beitrag zur NS-Aufarbeitung für eher unbedeutend?
Goldhagen: Nein. Ich glaube schon, dass viele Menschen bewegt waren und gebildet
wurden durch die Geschichte von Oskar Matzerath, dem Blechtrommler. Die Ironie
der ganzen Geschichte ist, dass der Sturm um das späte Bekenntnis des Günter
Grass mehr dazu beitragen wird, den Blick der Deutschen auf historische Wahrheit
und persönliche Vertuschungsstrategien zu richten, als es das literarische
Oeuvre des Nobelpreisträgers je vermochte. (Daniel Jonah Goldhagen ist Autor
von "Hitlers williger Vollstrecker" sowie "Die katholische Kirche
und der Holocaust. Eine Untersuchung über Schuld und Sühne." Er
ist Mitglied des Minda de Gunzburg Center for European Studies an der Harvard
Universität und schreibt zur Zeit ein Buch über Genozid in unserer
Zeit.)
Grass 2006
Als ob der Inquisitor mit der Hexe im Bett ertrappt würde
Zwiebel-Ästhetik gut zum Verschleiern
mit Tränen. Von einer Hülle zur anderen. Und nie zum Kern kommen.
Revisted. z.B. Katz und Maus.
Aufregung damals, als Blasphemie, von ihm geschürt, die Szene der
Jungen mit dem Tapferkeitsorden anstelle der Badehose den Knaben
beim Baden umgehängt. Das wurde damals interpretiert als Gelächter über
das ganze System, das diese Orden verlieh. Heute wird man auch den nach diesem
Orden und was er bedeutete als Sieg über die anderen triebhaft drängenden
SS-Kandidaten G. erkennen müssen. Und die an Anderen waren im Danzig
des Krieges Juden und Russen.
Was
sonst nur Blumenwiese wäre, ist hier ein Jahr später Sieg über das Nichts,
den Tod der Natur. Manchmal nur das.