3.November Donnerstag

siehe auch>

San Domingo 1970

Ich habe versprochen etwas zu dieser so angekündigten 'Verfilmung ' eines Kleist'schen Textes wie die Marquise von O... durch Rohmer zu sagen.

Es fallen da Worte wie "Gesamtkunstwerk"und "kongenial" für den Film in Verbindung zu Kleist und es wird das Buch als unvergleichliches "literarisches Geschenkbuch" erklärt, was es vielleicht auch ist, aber eines Kleist gemässen ? Das eben alles nicht. Aber erlassen wir uns hier die Gründe. Da es mit Grundsätzlichen zu tun hat, ist da viel zu finden. Und zu sagen.

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Auch ich hatte diesen Film von Rohmer vor dem Beginn eigener Gedanken und Arbeiten zu dem Text und Ergebnissen dann, in Erinnnerung, als handle es sich um die redliche Verwandlung oder Übertragung eines grossen Textes in einen Film aus Bildern mit gemässen Darstellern und epischen Teilen dazwischen als Stimme des Autors selbst, wie der allgemeine Jubel damals diesen Film als einen authentischen und gelungenen begrüsste.
Nun leibhaftig, in die Hand zu nehmen, mehr und mehr die Kleist Monolge und einige Gäste, ähnlich radikal Oskar Werner in der Werkausgabe und jener San Doming als Kuriosätä des Beginns aus seiner Zeit.
Auf diese Weise zu sich gekommen, ist sie Kleist nahe, nicht durch Anverwandlung, aber im Reichtum eigener Möglichkeiten. Was hier statfindet zwischen Menschen in einer Figur, zwischen Vater und Tochter, im Dialog mit Bruder und Mutter und unter Geliebten, solcher Abgründe im Witz der Situationen erzählt -Brecht hätte seine Freude daran- und verkörpert in eins-von Kortnerscher Intensität- , ist unserer Zeit gemäss, in soviel Verlusten rundum der Gewinn des Handwerks, der Technik, des Gewerbes von Film und Theater, herausgewachsen aus ornamentaler Geste blosser Charakterisierungskunst.
Immer mehr aber wird der Turm der Kirche hier zur Basis seiner Spitze, wie sie darauf gehört....
Zusammen wirds ein Ganzes und ist Kern des Rahmens, der alles hält
.....süchtig nach anderer Höhe
Dieses Bild ohne dekorative Versuchung muss einen Gedankstrich des Textes füllen, der zwischen Teufels- und Engelserscheinung liegt. Nicht Schlaf ist anzuzeigen, sondern Ohnmacht geheimer Hingabe im Fall der süchtigen Bemächtigung. Da hilft keine Kopie malerischer Zitate - hier muss selbst erfunden werden, was der Text entbirgt. Wir nahmen Musik zu Hilfe und gaben ihr Gestalt. Man muss Fugen lieben, um diesen Text der Gedanken zu füllen.