dazu siehe hier:*
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Ihn interessiere herauszufinden, was der Autor wirklich wollte, "auch wenn es mir nicht gefällt, wie er denkt und was er zu sagen hat. Ich will die Welt verstehen, indem ich mich großen Kunstwerken stelle," sagte Stein für den das Inszenieren etwa einer Wagneroper mit Requisiten des 20. Jahrhunderts, wie Autos, Fernsehner oder Maschinengewehren einer "lächerlichen Vergewaltigung des Autors" gleichkommt. Dennoch, Stein betont auch die Gemeinsamkeiten zwischen ihm selbst und Wagner: "Beide sind wir Menschen, die ihr eigenes Ego mit den Mitteln der Theatralik in den Kosmos ausbreiten wollen."
"Parsifal ist ein Weichei, Kundry ist manchmal ein Mannweib, manchmal eine Nutte. Mich fasziniert vor allem, dass sie im Angesicht von Jesus Christus am Kreuz laut Wagnerscher Mythologie einen Lachanfall bekommen hat.
22.03.2002
15:17 MEZ   Wagner: "ein in seiner Person unangenehm radikaler Mensch"
... und Parsifal "ein Weichei" - Peter Stein ließ die Gedanken schweifen
  Salzburg - Wagner sei ein in seiner Aussage verschwommener und in seiner Person unangenehm radikaler Mensch, dessen Sprache schwer erträglich sei. Das sagte Peter Stein, der die Wagner-Oper "Parsifal" für die Salzburger Osterfestspiele inszeniert hat, im Rahmen des diesjährigen Ostersymposions


Die Empörung über das unmögliche „Ja

buehne.kurier.at
Die Empörung über das unmögliche „Ja“
Samuel Becketts „Glückliche Tage“ mit Jutta Lampe und Urs Hefti im Akademietheater
Eine „Frau um die 50“. Unterleib hat sie keinen mehr. Die Erde hat ihn schon verschlungen. Sie wird ihr demnächst bis zum Hals stehen. Ihr „Mann um die 60“ haust in einem Erdloch.
Wüste.
Die Frau hat ihre kleinen Rituale. Beten. Zähneputzen. Schminken. Erinnerungen. Dass sie schon zur Hälfte wieder Staub ist, ist für sie kein Grund zum Selbstmitleid. „Es wird ein glücklicher Tag gewesen sein“. Und sei es, weil der Mann ein halbwegs artikuliertes Wort an sie gerichtet hat. Er liest Anzeigen vor, aus einer alten Zeitung.
Treibsand
Die Metapher ist für jeden Mittelschüler lesbar: Kaum hat uns die Erde ausgespuckt, beginnt sie schon wieder, uns einzusaugen; langsam sinken wir ins Grab, ein Leben lang; jeder Atemzug bringt uns einen näher zu unserem letzten.
Und schon verlassen wir den sicheren Boden. Da ist einmal die für Beckett typische, überreiche, kaum endgültig zu dechiffrierende Symbolik. Ein Revolver, der einen Kosenamen hat, der liebevoll bereitgelegt wird, aber doch außer Reichweite ist. Ein Sonnenschirm, der Feuer fängt. Ein Sack, in dem das Leben Platz hat. Ein Wecker, der die Menschen stellt statt umgekehrt.
Was will uns Beckett sagen? Dass das Leben sinnlos ist? Dass . . .
Völlig falsche Frage. Beckett will uns gar nichts sagen.
Wir selbst
Becketts Texte verweigern uns die gemütliche Rollenteilung – da oben erzählen uns ein paar Figuren was, da unten sitzen wir und können es ernst nehmen oder nicht, wachen oder schlafen und nachher schön essen gehen, ganz wie wir wollen. Beckett stellt uns selbst auf die Bühne und lässt uns uns selbst beobachten. Mitleidlos, aber nicht kalt.
Warum man das betonen muss? Weil es mit Jon Fosse derzeit einen Mode-Dramatiker gibt, den uns viele als neuen Beckett verkaufen wollen. Daher empfiehlt es sich, „Schöne Tage“ im Akademietheater zu sehen und nachher zum Beispiel Fosses „Da kommt noch wer“ im Volkstheater.
Fosse ist eine Sphinx ohne Rätsel, Beckett ist ein Rätsel ohne Sphinx. Beckett denunziert seine Figuren nicht, er macht ihr hilfloses Strampeln nicht lächerlich, er missbraucht sie nicht, um verlogene Lösungen anzubieten. Er spielt auch keine gelehrten Rätselspiele mit seinem Publikum, zur Ablenkung.
Beckett weigert sich, das Unerträgliche zu tragen, das Unannehmbare zu nehmen. Er begegnet dem Leben mit Verachtung, indem er es dar- und damit bloßstellt. Sein „Nein“ zum Schönen, Wahren und Guten ist getragen von der Empörung, nicht „Ja“ sagen zu können.
Nicht absurd
Es ist das große Verdienst von Edith Clevers Inszenierung, dass sie einen über diese Fragen nachdenken lässt – und nicht über Fragen der Regie. Hier geht es um den Text. Clevers Arbeit zeigt auch, wie falsch es ist, Beckett als „absurdes Theater“ zu verharmlosen.
Jutta Lampe als „Frau“ bietet eine beeindruckende Leistung bis zur Erschöpfung. Urs Hefti versucht nicht, als „Mann“ Lacher zu schinden. Christoff Wiesingers Bühne verzichtet auf surreale Verniedlichungen.
Verdienter Jubel für alle, vor allem für Lampe.
Guido Tartarotti

Sonntag, den 24.März