Offener Brief an H. Kohl, ehemaliger Bundeskanzler,
Sicher werden Sie diesen Brief nie lesen, trotzdem gehört er zu denen, die geschrieben werden müssen, auch , wenn sie von den Adressaten nie angenommen werden, geschrieben, wenn Geschichte einen Sinn haben soll. Zu der Sie ja gehören. Von Anfang her nicht Ihr Anhänger, war ich mehr und mehr und gerne erstaunt, über Ihre Entschlusskraft und Diplomatie, auch über den Mut, selbst gegen Freunde, wie mit ihnen zu handeln, als es um die Wiedervereinigung Deutschlands ging. Über allen Respekt hinaus und die Fortune des Geschicks. Um so grösser ist mein Entsetzen jetzt, zu sehen, was das gekostet hat. Sie sahen sich gedrängt im Osten Ostpreussen, Schlesien, Hinterpommern und die verlorenen Landschaften dazwischen endgültig einzutauschen.Es war die mit deutscher Unterschrift versehene Auflösung preussischer Realität auch auf der Landkarte der Politik. So verstehe ich auch die Aufgabe der DM als Einstand an die westliche Gemeinschaft in diesem Zusammenhang. Ein letztes Rudiment aus dem Untergang erstrittener Identität in einer materialistischen Welt.

Der Verzicht, von ihren Nachfolgern gerne aufgenommen, auf einen unablässig mahnenden Kampf um die deutschen Kulturgüter in Moskau und Polen, geraubt nach Hitler'schem Muster, und sei es in neuer Verantwortung gemeinsamer Hüterschaft zu bergen, liegt schon nahe an dem Verlust, den Sie nun eigens auf dem Gewissen haben, weil es nicht sein musste und nur eigenem, vermeintlichem Vorteil in nächsten Wahlen diente. Sie haben ohne Not von aussen nur zu eigenem Nutzen die Ulbricht'schen Enteignungen von 46 bis 49 sanktioniert. Wie wir heute wissen, -von Ihrem Freunde Gorbatschow selbst bestätigt: es wäre absurd dahinter eine Forderungvon russischer Seite zu sehen-, weil Sie es nicht brauchen konnten. Und dafür beugten Sie das Recht des obersten Gerichts, zogen Ihre Leute von allen Seiten hinein, zu falschen Aussagen. Um so schwerwiegender, als gerade Ihre politischen Kontrahenten sich , wie Sie wussten, gar nicht dagegen wehrten, und noch mehr, selbst zugunsten der SED Nachfolger LPG und PDS, die sich die Hände reiben. Sie haben sich nach allen Seiten angedient. Ohne Not und wider besseres Wissen. Das war Verrat. Hochverrat an der alten Kultur des Landes, woher wir alle kommen, und ich meine nicht die Land-Wirtschaft,und nicht Provinzen, die es betrifft, wie nicht den Besitzstand der Betroffenen, Entrechteten, die nun zahlen, sondern Hochverrat an dem metaphysischen Wert von Land und Menschen und der Kultur der Dörfer und eines anderen Lebens, ohne Grenzen, nur, aber eben der Natur und unseres Abbildes darin. Nun mag man sagen, die Dinge des Landes und der Erde und der Tiere und Pflanzen sind Produkte geworden und haben eine Lobby der anderen Partei, es sei denn sie werden Bio-Waren. Sie brauchten es nicht, im Gegenteil Sie brauchten die Wählerstimmen derer, die glaubten, sie würden begünstigt, durch dieses Untat der Geschichte, was auch für sie eine Täuschung wurde, denn das Eigentum an Land und Rechten ging grösstenteils gar nicht an arme Siedlererben, sondern an den Bund, wie bei Ulbricht später an die Kolchosen des Staates. Und man mag sagen, nur eine Marginalie auf dem Schachbrett grösserer Spiele und der üblichen Opfer, Parteienopfer, wenn nicht gerade Sie die Losung von den blühenden Landschaften im Osten hingestellt hätten, als Vision dessen, was da kommen möge insgesamt als Leistung Ihres Lebens und Ihrer grössten Tat, und nicht umsonst wählten Sie eine Metapher aus der archaisch assoziierenden Bilderwelt biblischer Sprache, dass nun der Fluch auch solcher Rache ist, sein wird. Was ist dagegen die läppische Spendenaffäre im üblichen Parteiengezänk für eine Ablenkung von diesem eigentlichen Partei-Opfer einer historischen Schuld, wo Sie versuchten sich vor dem Gegner keine Blössse auf der untersten Ebene eventueller Nähe zu Junker- und Nazi-Verdächte des linken Jargons zu geben. Es brachte niemandem etwas, der Gutes meinte, wollte. Das Land liegt brach, die Leute laufen weg. Alte Strukturen sind verödeter als zu Honeckers Zeiten und alles ist nur ein Mahnmal Ihrer Schande, denn nicht mal eine falsche Ideologie verführte Sie, nur Eigennutz und kleinhäuslerische Allianzen.

Sie waren es, der die Dörfer zerstörte, der das Land verödete und der die Menschen elend machte , hoffnungslos und in falsche Arme trieb.Sie haben das Recht gebrochen, Sie haben sich bereichert,und sagen Sie nicht, dass Sie kein Geld genommen, wenn Macht im Spiele ist, Sie haben Unheil gebracht, und das ohne Not und aus vollen Händen, die die Entrechteten beraubten. Schwarz ist das Mahnmal Ihrer Tat, die alles ursprünglich Erfreuliche schwärzt. Schauen Sie in die Herzen jener, die da leben, und Sie würden sehen, wie ernst das ist, ohne Sinn, zwischen dem östlichen Desaster und nun westlichem Verrat eines noch gerade einmal versuchten Zutrauens. Und Glaubens. Den Sie immer gerne mit tränenden Augen machten, wenn es heilig wurde oder dem Tod nahe kam, oder wenn man Sie ehrte, wohl ahnend, wie nahe Sentimentalität der Maske ist für die Schuld, die Sie nun tragen müssen. Diese Schuld, wird mehr und mehr offenkundig werden. Sie ist letzlich eine des Geistes, von dem Sie dann doch nichts wissen, was Sie auch noch ent-schuldigt. In Ihrer Haut möcht ich nicht stecken. Und wenn ich Sie manchmal, im Mantel dicker Hülle zittern sehe in falscher Behauptung, ist es wie ein Bild vor dem Richter ganz anderer Instanzen, des Dantes Würdenträger Hölle. Einsam und schaudernd, der Schreie voll ist die Öde und Weite solcher Figuren. Abgewendet gehen wir weiter. Gesenkten Kopfes. Die Trauer dient dem, was hier verschuldet. Nicht mal der Verachtung dessen, der das verursacht, ganz kleinen Gewissens.

Wozu sonst wäre es gut jetzt solche Dinge auf mich zu nehmen, ohne Film und Theater oder Buch-Pläne, und ohne Besitzansprüche, wenn nicht für eine Aneignung eben jener Art der Erfahrungen und einer Sinngebung, die Erfahrungen erforscht vor Ort, im Ort dessen, was hier aufgeladen. Und die Ergebnisse reichen von Verwaltungsbüros dieser Erbschaften und des Kreises oder Landes bis zu Amtsgerichten und Staatsanwaltschaften, Materialien für diesen letzten Teil einer biografischen Topografie des Landes, der jede location sonstiger Drehpläne reich füllen könnte,als bittere Farce dessen, was vor dem Krieg begänne mit Vorgeschichten der Zeugungsgeschichten und im Krieg mit Sicherungen und Verlusten. die nach 45 dann historisch wurden als Schuld dafür tragen, was andere verursachten, die heute sich mästen an der Ernte der Verluste. Was aber zu belegen wäre von jetzt und Vergehen der eigenen Generation ist das, was hier anklagt. Und wen denn sonst, als den, der an obersters Stelle dafür verantwortlich ist. Zu fragen, warum und wofür. Zu wiegen, was vertan ist.

Denn gerade Sie hätten es wissen müssen. Aus dieser Herkunft. der Geschichte verpflichtet und Ihren Leuten, wie kleinkariert auch immer und beladen durch die Zeiten. Wissen um die Folgen. Der, der solche Proben seiner Entschlossenheit gewagt, als es darum ging die Einheit zu etablieren gegen Mehrheiten um ihn. Und wenn schon Rechte umgangen, neu zu gründen gewesen wären, der Zeit gemäss, warum nicht jenen aufbürden, die dafür geboren und gewachsen waren, was ihnen zukäme, und nur dann sie zu belasten, wenn sie bereit gewesen wären, zu übernehmen und zu sorgen, wofür man sie nun neu belehnte. Also nicht zurückzugeben an solche, die nur spekulative Kräfte und Interessen hätten, und nur solche zu begünstigen, nochmal, nun aus demokratischer Errungenschaft, aber mit Lasten, die bereit gewesen dafür das zu tun, was hier zu tun wäre. Ordnung zu schaffen von Grund auf nochmal, zu erneuern von innnen, aus dem Geiste mehr des Warum und Wofür, als Investitionen nur materieller Nutzen. Vertan. Vorbei. Die kalte Enteignung nach 89 ist frevelhafter als jene von aussen erzwungene und darum nie beherzt angenommene nach 45, weil ohne Not als Zeichen ganz anderer Verluste, als die der Niederlage militärischen Natur zu verantworten. Alles, was heute vielleicht noch geschieht, hier und da, aus persönlichem Auftrag, gegen alle Behinderungen der offiziellen Instanzen, ist eher Glück, dem schwarzen, grauen, müden, Strom der Gleichgültigkeiten entrissen nochmal.

Um den kleingeistigen Erpressungs- und Nötigungstendenzen, die Sie geweckt haben, zu entgehen, wäre es einfach gewesen aus dem für Notfälle und spätere Jahre Zurückgelegten stillschweigend das zu nehmen, dem zu entgehen, was so nun täglich an Erniedrigungen und Betrug oder Hintergehung zu erleben ist. Es fragte sich nur, soll man das stützen, verachtend das Geschmeiss der Zeit, soll man, als Nichtkonsument der Kollaboration mit Trash-Konjunktur unseres Kulturkonformismus, ohne Auftrag stehen und verkommen im Nichts einer Geschichte, die den Nachkömmling ganz anderer Möglichkeiten nicht will, wie hier deutlich immer wieder jetzt offiziell bekundet, wenn niemand auch nur merkt, was da geschah, durch den, der solcherart vor dem Gericht der Geschichte ganz anderer Richter einmal stehen wird und Antwort geben muss, wie jetzt entkommen.

Hier spricht einer ohne Hausmacht, keiner der grossen Entrechteten, aber wir wissen gerade die kleinen Fische, die Bettlerstimme, die Spur am Rande, haben manchmal mehr Gewicht vor dem, auf den es da ankommt zu urteilen. Wo wir nun sind. Nicht um grosse Lehen von Königen geht es, und dies Pommern war lange zwei Jahrhunderte in schwedischer Hand,also vom preussischen Verhängnis nicht lange betroffen, wie der Vater mit gerechtem Vermögen sich dort angesiedelt, und es war kein Rittergut, aber ein Gut und kein Schloss, aber Haus und Hof und Felder dazu, zu säen und zu ernten und anständig zu sein an seinem Ort, dass ein Leben und eine Welt dort gegründet werden konnten, von dem aus jetzt wissend gesprochen und gehandelt werden kann und geurteilt angesichts dessen, was da nun ist, von der Schuld dieser Zeit ganz anderer Hybris, einer ohne Leidenschaften, und das sind wohl die schlimmsten vor dem, was uns Mass setzt und Aufgaben und wenn es gut geht Verdienste, die hier sich umkehren in ihr Gegenteil in begünstigter Zeit.

Dies alles ist schon längst jenseits der Kompetenz eines einzelnen, so sehr wir dafür stehen müssen, was wir getan in dem, was hier geschieht. Vieles können wir nicht allein bestimmen, auch zeitweise Beauftragte der Menschen und Länder. Es liegt in der Luft, wofür wir Werkzeug sind, jeder an seiner Stelle. Wir wissen, dieser Ort, abseits von allem, im Land und, von der Welt, wie Deutschland in der Politik dann, wenn es darauf ankommt, und wie Europa, wenn die grossen militärischen oder wirtschaftlichen Entscheidungen anstehen oder wie unser Film eine Marginalie ist, Butzenscheiben-Spass und unsere Terroristen selbst rettungslos, lächerliche Romantiker waren, im Auflehnen, gegen das, was die Welt nun umtreibt, und ich sehe vergrämt und manchmal tieftraurig und erschrocken die Erkenntnis in den Gesichtern unserer Mediendemokraten, was soll also dieser Seufzer der Natur dessen, der nicht weiss, was wirklich gefordert ist, und vielleicht gar nicht von östlicher Seite damals, uns abzupressen, als letzter Instanz , die aus gerade diesem Wissen kommt, dem Land, des Landes uns, einer Kultur, die eine andere war und wäre und ist, alles vielleicht ganz unbewusst, aber entschieden, nicht rettend, nicht ändernd, die Welt und Leben, aber als mahnendes Gegengewicht, Zeugnis, das nicht sein darf und soll, doch einzig das, um das es geht, und sei es in nuce, als Keim viel später und woanders einmal aufzugehen und Zeugnis der anderen Möglichkeiten des Menschen und des Lebens und der Welt, was früher Kunst genannt einmal war. Dies aber ist schon lange jenseits dessen, was hier zu verantworten wäre, aber doch verspielt, vielleicht doch, weil gefordert und gar nicht selbst entschieden, wie wir alle Werkzeug sind des Geschehens, aber dann wessen?
Wenn wir aber sehen wollen, wie das dann aussieht, dann ist dies der Ort zu sehen, was das heisst und wie das war einmal muss Form nun finden in dem, was wir daraus machen, so ungewollt auch immer.

Einen Augenblick noch, vor 11 Jahren, war da die Chance in den jauchzenden Menschen , die die Mauern durchbrachen, und beobachtet atemlos von allen Seiten, die es gut meinten , das Gewissen der Welt zu ahnen und die Angst derer, die den Nutzen haben, aus dessen Abwesenheit, in der und von Kunst der Götter -Tragik. Real etabliert in jenen runden Tischen aller, ein anderes Modell. Jenseits der üblichen Parteienhändel. Seitdem ist der Lohn dessen, dass wir still halten, und dessen, der ihnen drauf gekommen, wegzusperren, zu arretieren den und dies im flüchtigen Delirieren ferner Spiele des täglichen Eintausend-Platz- und Welttheaters im Netz auch dieser Welt, aber auf ganz anderer Bühne, wie in uns.

(Fortsetzung folgt)

 

 

Montag, den 7.Januar