Sonntag, der 8.September

Schleef-Entwurf für die Mutter-Totenbilder an den Längswänden des Raums. In Neuhardenberg ideal.
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Sangerhausen Sommer 2002

 

eine Woche Schleef in NeuhardenbergErste Fragen, Reaktionen.

FAZ:"..S.dem hohles Pathos nicht fern ist."
KULTURZEIT(3.Sat): "...berühmt, berüchtigt wegen seiner Verteidigung des nationalsozialistisch Erhabenen, Tragischen.."

Das Thema "deutsche Szenen" als Titel der Schleef Ausstellung kam nicht von hier.
Der Raum hiess bei Abschluss des Vertrages "in meiner Mutter leb ich noch".

Die Mutter - Fotos auf ihrem Totenbett von dem Sohn war mir sofort, nach Bekanntwerden anlässli

ch der Gespräche, zum ersten Mal in dem rekultivierten Neuhardenberg, einziges Thema und Motiv erster Überlegungen für den Raum, den ich zu machen eingeladen war. Kombiniert mit den Chören Schuberts (Tod und das Mädchen und der Wanderer, plus Der Mond ist aufgegangen), wie in der Matinee des BE gerade vorgeführt und aufgenommen, -abgebrochen von Schleef im Januar 01 vor dem Tode. Als das dann Vor-weg-genommen war in den Kestner Gesellschaft Hannover jetzt im Juni vor Neuhardenberg im August/September, kam ich auf neue Spuren des Ende im nachfolgenden Abbruch der Nietzsche Triologie in Wien(Nietzsche-Projekt Mai Juni), das dann nicht mal zu Proben führte, aber Pläne, Skizzen hinterliess. Immer näher kam ich an ihn und dessen, was er nicht mehr tun konnte.

Nicht eine filmische Anreicherung der Wanddokumente mit filmischen Mitteln war geplant. Sondern ein Raum, jetzt zwei in einem, mehr und mehr ganz einfach mit dem Titel Schleef. Jetzt also ein Innerraum, Gehäuse mit vier Wänden, eng zum setzen, nicht zum gehen geeignet, nach vier Seiten umzuschauen und-hören, intim. Und dann das mit zwei Stiegen betretbare Dach dazu, von einer Seite zu stehen, rundum schauend und hörend, wieder nicht begehbar, aber für eine Stunde mit Bildern und Tönen, wie unten erfahrbar: hier ein Film aus sechs Projektionen sich ergänzend.

Die Mutter wurde nun Inhalt des unteren Raums der Bilder und Töne, aus Hannover zurückgeholt, als Film nun getreu seinem Wunsch die nackten Männer, die er sterbende Söhne nannte, aus dem Wessis in W. der toten Mutter gegenüber zu sehen, aufgeschrieben als Entwurf. Dazu jetzt, und das ist neu: die Töne jener Chöre Schuberts, die immer tiefer dringen, umrahmt von Carmen-Tanz und Rossini-Sprüngen. Ein Raum zum lange sitzen und allein. Im Rücken nochmal Schubert der Matinee zu seiner Totenfeier und venezianische Gondel-Melancholie und Aufrufe des Chors an das Leben aus dem Goldini der letzten Jahre in Wien. Man hätte sich auch denken können, die tote Mutter, den toten Söhnen gegenüber an den Längswänden von Neuhardenberg zu zeigen , einzig das, wie von Schleef skiziert(damals kannte ich die Skizze seiner Hand noch nicht, wie sie auch in Han. vorlag), und dazu die Chore an den inneren Schmalseiten. Dann hätte ich den ganzen Raum haben dürfen, in Kooperation mit Hannover und das nicht alleine vorweg sehen müssen. Dessen Kurator-auch für Neuhardenberg-sichs halt nahm. Im Übrig entstand mit diesem Han-Film der toten Mutter/Söhne etwas Neues sui genereis.

Das Bett Schleefs, von der Tochter Katja Wodarra, gäb es sonst nicht. Das Lieblingsband Take That zu Füssen nicht, wenn nicht hier.

Der Film aus Wien (1997 Kamera W.Lenertz) zum ersten Mal als ganzes gezeigt, ist eine Trouveille. Die Kinder der Schulklassen und Freunde des Ortes stehen hilflos und müssen denken. Nackte Männer, Hunde des Kellers aufs Dach gehetzt, dunkle Feuerszenen im Keller, Totschlag oben und eine Blutorgie mit Russen der roten Fahnen auf den Treppen, alles ineins. Das ganze Burgtheater okkupiert.Brecht schrieb an die Mit-Arbeiter seines technischen Stabes. als Fragen aufkamen zu seiner Urfaust Aufführung 1953 mit der Üverschrift "Einschüchterung durch Klassizität". Heute müsste man sagen:Einschüchterung durch Unverständnis. Aber das sollte nicht sein, ist oft Versteckspiel mit dem, was man sagend nicht sagen will. Und im Übrigen perfid oder immer schon so, wenn etwas angewohnt ist und neu. Und etwas Rätselhaftigkeit muss schon sein. Die aber dann mit der Gewissheit, dass da etwas ist, um das es sich lohnt. Sonst alles nichts wert. Zu umkreisen. Bis man es trifft.

Der Nietzsche-Text, während der Aufführungen, abgerungen, seinen letzten Auftritten, in einer 45-Einstellung , selbst aufgenommen, zeigt einen todesmüden Schrei mit Beifall am Ende, ders nicht merkt.

Auf das Bett projiziert, auf dem er tagwienächtelang lag und schrieb oder im Fernsehn sah, Videos oder Programme des Angebots nun das, was mir alleine möglich war. Der Parsifal, aus seinem Archiv wie Take That, des meinen, als Musik dem Nietzsche in Wien zugeordnet, die Ritterchöre, ich wusste davon aus seinen Erzählungen, und jene des letzten Liebesmahles der Apostel aus den frühen Jahren R.Wagners, -die Partitur lag in dem Manuskript des Arbeitsbuches mit Zeichnungen der Mutter, der Taube und statt Kreuz und Gral darunter sie, die Schwester, seitwärts die Mutter. Das also jetzt mit den Entwürfen seines in unserer Zeit zuletzt geplanten eigenen Parsifal kombiniert, im Keller seines letzten Archivs der Akademie Berlins und jene Bilder von unserem Besuch auf dem Ettersberg, als wir den Nietzsche planten, die ihm lieb waren "wie sonst nichts" damals. Das alles zu seinem Nietzsche jetzt, zuletzt, und der Musik des Parsifal also. Ja, so gings.

Zweimal hatte er sich entzogen. Wie sich nähern, dass es seinem Wunsche gerecht würde. Der Entfernung, die vielleicht eine andere Nähe war. Wie anders als gerade da sich nähen dürfen, wo er nicht hinkam, alleine. Zusammen vielleicht gehts und über die Grenzen dieser Welten.

Dieser ECCE HOMO. Nun zusammen mit dem anderen Nietzsche des letzten Zusammenbruchs in Wien aus den Skizzen des Textes und Erkundungen zusammengebracht, führt auch Richard Wagner mit Parsifal und den Chören des letzten Liebesmahlels frühester Zeiten Wagners mit dem späten Nietzsche/Schleef zusammen auf ganz andere Spuen. Auf das Bett projiziert.

Die Mutter aber im Kern des Gehäuses unten, umstellt von den Gesängen des Sterbenden, ist längst übhöht durch Schrei aus Wut ("Hass" im Dies irae aus den Totentänzen seines letzten Auftritts) und unendlicher Wehmut dessen, was nicht mehr ging und doch gewagt war und so als Wagnis über uns kommt. Geheimnis und letzte Intimität des Herzens als Figur anvertraut.

Das Grab in Sangerhausen zeigt jetzt eine ebene grune Fläche aus Rasen, eingefasst mit einer grasniederen Betononkante. Am Weg eine Stufe, signiert aus diesem Jahr, und dauf sein Name mit Datum der Geburt und des Todes. Seine Mutter, acht Jahre zuvor gestorben, in der er lebte, nahm er auf in sich, als er starb, in sich.

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