Die Freude währte nicht lange. Mit Feuerwerksraketen, Getrommel und Jubel-GesŠngen feierten die Protestler ihren Sieg. Die Sioux-Stammesführer ritten in einem gro§en Zirkel um das zentrale Lagerfeuer, das seit Monaten lodert. Andere schwenkten das Sternenbanner. "Mni wiconi!", riefen sie, "Wasser ist Leben!"

In der Tat war es ein historischer Erfolg. Acht Monate lang hatten die Sioux die Zufahrt zur wohl umstrittensten Pipeline-Baustelle der Welt besetzt gehalten, um sich Gehšr zu verschaffen. Sie hatten in der PrŠrie von North Dakota in einem offenen Zeltlager ausgeharrt, in das bald Tausende stršmten - Aktivisten, Veteranen, selbst Hollywood-Stars. Und schlie§lich, in der Nacht zu Montag, die erlšsende Nachricht: Die …lpipeline soll vorerst nun doch nicht durch ihr Reservat verlaufen.
Nur wenige Stunden spŠter setzte ErnŸchterung ein: Die wohlwollende Entscheidung, eine der letzten unter US-PrŠsident Barack Obama, dŸrfte von seinem Nachfolger Donald Trump schnell wieder revidiert werden.
Der Staat gewinnt
North Dakota ist ein weiteres Beispiel dafŸr, wie Amerika seit jeher mit seinen unterdrŸckten, enteigneten, dezimierten Ureinwohnern umgeht: Jede Konzession ist in Wahrheit nur ein kurzlebiger Kšder. Am Ende siegt stets der Staat.


Auch in diesem Fall. Wobei es um viel mehr geht als die Zukunft der legendŠren Sioux oder den Bau einer Pipeline. Es geht darum, wie die USA - stellvertretend fŸr die Welt - zwischen Umwelt und Wirtschaft abwŠgen, zwischen der Natur und ihren Ausbeutern. Und da wird sich in der €ra Trump einiges Šndern.
Dass sich das jŸngste Drama um Amerikas maltrŠtierte Ureinwohner ausgerechnet an einer Pipeline entzŸndet, ist bezeichnend: BodenschŠtze waren immer schon die Wurzel ihrer Tragšdie, ihrer Unterjochung durch fremde Siedler. FrŸher war es Gold. Heute ist es …l.
Die 3,8 Milliarden Dollar teure, 1885 Kilometer lange Dakota Access Pipeline fŸhrt durch vier US-Bundesstaaten - von North Dakota Ÿber South Dakota und Iowa nach Illinois. Sie gehšrt zu einem grš§eren Pipeline-Netz, das die …lfelder im Norden der USA mit den Raffinerien im SŸden verbinden soll, am Golf von Mexico.
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Die Pipeline ist so gut wie fertig - bis auf 1,6 Kilometer. Die sollen durchs Standing-Rock-Reservat der Sioux fŸhren, unter dem Missouri River und dem Lake Oahe hindurch. Beide GewŠsser sind den Ureinwohnern heilig - und ihre Trinkwasserquellen.
Nach erfolglosen GesprŠchen mit der Pipeline-Gesellschaft Energy Transfer Partners schlugen die Sioux ihr Protestlager auf. WŠhrend die Medien vom Wahlkampf abgelenkt waren, wuchs die Zeltsiedlung. Tausende Armeeveteranen rŸckten an, um die Demonstranten gegen die Polizei zu beschŸtzen, die Wasserwerfer, TrŠnengas und Gummigeschosse einsetzte. Prominente wie Hollywood-Star Susan Sarandon und Ex-VizeprŠsident Al Gore schlugen sich auf ihre Seite. Mehr als 520 Menschen wurden bei den Protestaktionen verhaftet.
Kurz vor einem Ultimatum, das Lager zu rŠumen, stoppte das Army Corps of Engineers - das Ingenieurskorps der US-Armee, das die Pipeline im Auftrag des Konzerns baut - am Sonntag alle weiteren Arbeiten in North Dakota: Man wolle im Rahmen einer UmweltprŸfung statt dessen "alternative Routen" finden, hie§ es in einer Mitteilung.
Video: US-Armee stoppt Pipeline-Bau durch Ureinwohner-Reservat


Doch die Ureinwohner kšnnen nur kurz aufatmen: Am 20. Januar dŸrfte sich die Lage wieder zu ihren Ungunsten Šndern.
Denn dann zieht Trump ins Wei§e Haus ein. Und der hat sich kategorisch fŸr die Pipeline ausgesprochen. Mehr noch: Er besa§ lange Aktien an der Pipeline-Gesellschaft Energy Transfer Partners und hŠlt weiter bis zu 250.000 Dollar am Energiekonzern Phillips 66, der mit 25 Prozent an der Dakota-Pipeline beteiligt ist.
"Ab 20. Januar haben die Erwachsenen das Sagen", prophezeite der Kongressabgeordnete Kevin Cramer, ein Republikaner aus North Dakota, unter Verweis auf Trumps Vereidigung. Auch Paul Ryan, der republikanische Sprecher des ReprŠsentantenhauses, hŠlt die Pipeline-Blockade nur fŸr vorŸbergehend: "Ich freue mich darauf, wenn diese Anti-Energie-PrŠsidentschaft hinter uns liegt."

Schlie§lich verspricht Trump genau das Gegenteil: Indem er die Regulierungen für die Energiebranche zurŸckrollt, will er eine halbe Million Stellen schaffen. Auch wenn diese Zahlen frei erfunden scheinen: "Pipelines werden unter Trump die Sieger sein", glaubt Bšrsenguru Jim Cramer vom TV-Wirtschaftssender CNBC.
Das wissen die Betreiber selbst am besten. Die jüngste Verzögerung sei nur eine "offene und durchsichtige politische Aktion", erklärte Energy Transfer Partners jetzt. Man werde das Projekt unbeirrt vollenden: "Nichts ändert etwas daran."