einen andere mail aus Berlin
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Lieber Herr Syberberg,
in dem von Ihnen zitierten Lesenbrief steht ein lustiger Satz: "Dem Fischotter wird ein Umweg von 20 m zugemutet."
So will man sich das vorstellen: der Fischotter macht Umwege.
Schließlich müssen wir alle manchmal Umwege machen: warum - bitteschön - nicht auch der Fischotter?
Wegen der 20 m soll er sich nicht so anstellen - da fällt ihm schließlich kein Zacken aus der Krone!
Frage ist nur, ob der Fischotter nicht ganz anders denkt als der Leserbriefschreiber. Ich möchte vermuten - der kennt gar keine "Umwege". Der kennt nur "geeignete" und "ungeeignete" Orte. Und die ungeeigneten meidet er. Wo Dauerlärm ist, wo Boden und Wasser vibriert, wo es komisch aussieht und fremdartig riecht: da gehe ich lieber nicht mehr hin, wird er sich denken. Als Fischotter. Da betrachtet man die Welt nicht unter Rentabilitätsgesichtspunkten, sondern macht es so wie die Vorfahren, altbewährtes Verfahren ... und zieht einfach um.
Auf gar keinen Fall wird sich der Fischotter von Herrn XY etwas "zumuten" lassen.
Mail aus Carlsthal/Trebel bei Tribsees
AK
mir wird schlecht bei diesem leserbrief – da kommt ein altes kindheits-, jugendgefühl auf: die rechthaberei wird mit einer so überlegenen herablassung geäußert, die das mitleiden mit der natur lächerlich macht,
das ist genau der selbstgerechte tödliche ddr-pragmatismus, der weiterlebt, der uns schon immer zur verzweiflung brachte,
der sagt: ist doch nicht so schlimm, was regt ihr euch auf; es wird gras darüber wachsen (dann „weiß“ keiner mehr, was geschah und was der preis ist dafür)
und damit bereits die ungeheuerlichkeit und völlige unverhältnismäßigkeit des vorherigen handelns legitimiert, und den widerstand herabsetzt
die beschämung! weil wir so einfältig sind, dass der trebelhammer uns tatsächlich schmerzt,
als sei es menschenideal, nichts zu spüren, nicht mitzufühlen
und die völlige dumme ignoranz dem kleinsten lebensfluss, der erregung, der an sich selbst gespürten zumutung gegenüber einhergehend mit der relativierung der gewalt,
mit der vorgegangen wird wie gegen den aller verhasstesten feind: die natur selbst
dann lieber 1000mal vergeblich kämpfen und unterliegen, als einmal so die eigene natur verleugnen und die eigene berührbarkeit verachten;