Persönliches Schuldeingeständnis
Und dagegen steht für Walser auch das eigene Verständnis fürs jüdische Leben, das er dank der Lektüre Abramovitshs erfahren habe. Damit verbunden ist ein neues Verständnis für die Monstrosität der Schoa: „Ich merke, wenn ich jetzt Abramovitsh lese, dass mich das ungeeignet macht für alles, was ich jetzt tun oder sein müsste. Ich erlebe ein Nicht-mehr-in-Frage-Kommen für das Hier und Heute. Eine vollkommene Eingenommenheit. Von ihm. Ich kann nichts dagegen tun, in mir dominiert die Mitteilung, dass wir dieses Volk umbringen wollten und zu Millionen umgebracht haben. Und dieses Volk ist mir jetzt, erst jetzt, wirklich bekannt geworden. Durch Abramovitsh.“
Diese Ausführung - die bei böswilliger Lesart auch eine viel zu lange währende Verblendung beschreiben könnte - macht erst das in vollem Gewicht verständlich, was Walser wenige Minuten vorher im Hinblick auf den Mord am europäischen Judentum gesagt hat: „Wir, die Deutschen, bleiben die Schuldner der Juden. Bedingungslos. Also absolut. Ohne das Hin und Her von Meinungen jeder Art. Wir können nichts mehr gutmachen. Nur versuchen, weniger falsch zu machen.“