Hamburg - Es muss ein faszinierender Moment gewesen sein in der Kardinalsversammlung vor dem Konklave, als Kardinal Bergoglio sprach. Der Erzbischof von Havanna, Kardinal Jaime Lucas Ortega, war derart beeindruckt, dass er den Redner um einen ungewöhnlichen Gefallen bat: ob er ihm ein Manuskript seiner Rede geben könne.

So berichtet es Radio Vatikan. Das tat Franziskus. Und noch mehr: Er sagte zu, seine Worte öffentlich zu machen. Am Mittwoch war es soweit. Nicht nur der gewollte Bruch mit der sonst strengen Geheimhaltung, auch die Rede selbst ist höchst bemerkenswert - Bergoglio lieferte seinen Kollegen eine schonungslose Analyse zum Zustand der katholischen Kirche.
"Die Kirche ist aufgerufen, aus sich selbst herauszugehen, an die Ränder zu gehen, nicht nur geografisch, auch an die Ränder der menschlichen Existenz", sagte Bergoglio - und machte gleich deutlich, was er damit meinte: "Das Mysterium der Sünde, des Schmerzes, der Ungerechtigkeit, der Ignoranz und Indifferenz gegenüber Religion, der intellektuellen Strömungen und allen Leides."

Wenn die Kirche sich nicht nach außen kehre und das Evangelium verbreite, werde sie "selbstreferentiell und krank". Und nach Ansicht von Bergoglio ist es soweit längst gekommen: Die Übel, die in kirchlichen Institutionen geschehen seien, hätten ihre Wurzeln in genau dieser Selbstbezogenheit und in "theologischem Narzissmus". Das sind deutliche Worte zum Finanzskandal der Vatikanbank, zum Geheimnisverrat der Vatileaks-Affäre, zum Missbrauchsskandal.

Was macht jetzt unser Präsident und die Kanzlerin, die sich schämten und entschuldigten angsichts der Taten und bisherigen Versäumnisse von Polizei und Justitz. Der vorige Bundespräsident ist wegen kleiner Vorfälle zurückgetreten. Hier gehts um die Glaubwürdigkeit des ganzen Systems.

Wen wunderts angesichts den Rechtsbrüchen nach 1989.