und morgen auf nach Marihn
in den Park des Theaters
der Vorstellungen unserer Art
für 3 Tage ein neuer Versuch .

MorgenPost 22.5.12

Ein weißes Wesen hockt im hohen Gras von Sanssouci. Später wird es schreien, zappeln, rennen, das neue Heckentheater künstlerisch entflammen. Aber jetzt, vor der Vorstellung, sammelt es seine Kräfte. Nur das weiß geschminkte Gesicht und die Wasserflasche sind zu sehen. Es kauert da wie ein erster Hinweis auf den Weg zum Freilufttheater des Alten Fritz. Das kleine Heckentheater versteckt sich abseits der großen Parkalleen nördlich vom Neuen Palais. Akkordeonklänge weisen den Pfad vorbei an den Büsten von Kaiser Marc Aurel und seiner Gattin Faustina. Hinter der Bühne stehen junge Männer mit Trilby-Hüten und Jeans, die an ihren Zigaretten saugen. Vorn am Eingang herrscht sommerliche Eleganz zwischen Strohhut und Abendkleid.

Das lauschige Heckentheater ist schon einmal eröffnet worden, vor rund 250 Jahren. Damals waren königliche Freiluftbühnen in Mode. In Versailles gab es das Theaterboskett "Salle du Bal", in Salzburg den Mirabellengarten und in Herrenhausen bei Hannover ein Heckentheater. Nachdem Friedrichs Bruder Heinrich an seinem Musenhof in Rheinsberg ein Heckentheater angelegt hatte, wollte der kunstsinnige Preußenkönig nicht nachstehen. Sein Theaterchen war allerdings viel intimer. Mitte des 19. Jahrhunderts kamen die Parktheater aus der Mode und man ließ einfach die Natur walten. Nun haben die "Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten" im Zeichen von "Friedrich 300" dafür gesorgt, dass das Heckentheater nach historischem Vorbild wiedererrichtet wurde.

Über den Rasen flitzen acht Schauspieler im Commedia dell'arte-Stil, mit skurrilen Masken, wilden Frisuren, ausladenden Gesten und dauerbewegtem Minenspiel. Furios und springlebendig gestaltet das Hexenkessel Hoftheater die Premiere zur Wiedereröffnung. Nichts könnte besser passen als "Candide" von Friedrichs Freundfeind Voltaire. Zwischen den Buchenhecken wechseln die quirligen Darsteller ständig ihre Kleidung und Requisiten. Ein großes Bühnenbild braucht man nicht, um die beeindruckende Sinfonie in Grün lebendig zu machen.

Die Klappstühle der Zuschauer sind liebevoll mit Decken ausgestattet. Weißwein fließt in Strömen. Während der Restaurierungsarbeiten hat man friderizianische Glasscherben entdeckt, aus denen man schließt, dass hier schon damals umfassend gefeiert wurde. Hartmut Dorgerloh, der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, betont, dass Sanssouci mit dem Garten anfing und das Schloss erst später kam. Drei Bühnen gab es hier zu Friedrichs Zeiten: das Schlosstheater, den Gitterpavillon für Konzerte und eben das Heckentheater.

Bühnennebel wallt auf, Akkordeon, Klarinette und Schlagzeug mischen sich mit Theaterdonner. Candide begibt sich auf seine abenteuerliche Suche nach der geliebten Cunigonde. Er reist nach Bulgarien, Holland, Portugal, ja bis nach El Dorado. Sein Lehrer hat ihm beigebracht, dass dies die beste aller möglichen Welten ist. Zwischen mordlustigen Soldaten, raffgierigen Kaufleuten und lüsternen Geistlichen bekommt er seine Zweifel.

Alberto Fortuzzis Inszenierung spart nicht mit bissiger Ironie und herbem Weltspott. Die Truppe ist open-air-erfahren und bestens aufgelegt. Grüne Neonröhren hängen dezent in den Büschen. Ganz hinten sind Bäume angestrahlt, die schon zu Friedrichs Zeiten dort standen. Hier soll nun dauerhaft ein Theaterort entstehen. Eine bezaubernde Idee.

Candide in Potsdam
beginnt mit dem dafür zugefügten Auftritt des Autors Voltaire in idealer Gestalt.
Welttheater auf verschiednen Bühnen.

Freitag, den 25. Mai

 

siehe auch >

Pottdamer Neues Nachrichten 22.5.12
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und alles endet wie bekannt in allen Darstellungen der Zeiten mit dem Bestellen des Gartens
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Die Geschichte selbst beginnt mit der Entdeckung der Liebe und einem Fusstritt hinaus in die Welt