16. Juni 2012, 10:02ÊUhr
SolidaritŠtswelle im Internet
MarthaÊdarf ihr Schulessen doch fotografieren
Die SchŸlerin Martha, 9, ist mit ihrem Blog Ÿber Schulessen so berŸhmt geworden, dass ihre schottische Gemeinde die Notbremse zog: Sie verbot dem MŠdchen, in der Kantine zu fotografieren. Daraufhin gab es so viel HŠme und Protest, dass die Behšrden das Verbot zurŸcknahmen.
Dank ihrer riesigen Fangemeinde im Internet darf die neunjŠhrige Martha Payne aus Schottland weiter Ÿber das Essen in ihrer Schule bloggen. Das MŠdchen hat in den vergangenen Wochen fast tŠglich seine Kantinenmahlzeiten fotografiert und in einem Internettagebuch kritisch bewertet. Damit begeisterte Martha Menschen auf der ganzen Welt. Weit mehr als vier Millionen Leser haben sich das Blog inzwischen angeschaut, nationale und internationale Medien ŸberhŠuften die Familie mit Anfragen.
Der Verwaltung der schottischen Grafschaft Argyll, die fŸr das Schulessen verantwortlich ist, ging das zu weit. Sie belegte Martha mit einem Fotografieverbot. Die Schulleiterin habe sie am Donnerstagmorgen in ihr BŸro gerufen und ihr gesagt, dass sie keine Bilder von den Schulmahlzeiten mehr machen dŸrfe, schrieb Martha in ihrem Blog "NeverSeconds".
Die Gemeinde verteidigte zunŠchst ihre Entscheidung. Der Cateringdienst fŸr die Schulen sei ungerechtfertigt attackiert worden, teilte das Argyll and Bute Council am Freitag mit. Mitarbeiter der Firma fŸrchteten nach hŠmischen Artikeln in der Presse um ihre Jobs. Deshalb habe das Council entschieden, das Fotografieren in der Kantine zu stoppen.
Nach Marthas Eintrag Ÿber das Verbot, der mit dem Wort "Goodbye" beginnt, brach jedoch erst recht ein Sturm der EntrŸstung los. Auf Twitter beschimpften unzŠhlige Menschen die Behšrde. "Es gibt wohl schottische Kommunalpolitiker, die brauchen dringend eine Umarmung. Mit einem Stuhl. Auf den Hinterkopf", twitterte ein Nutzer. Die Leserschaft des Blogs wuchs rasant.
Daraufhin machte das Council einen RŸckzieher. "In dieser Gemeinde hat Zensur nichts zu suchen und wird auch nichts zu suchen haben, solange ich ihr vorstehe", sagte Gemeinderatschef Roddy McCuish. Er habe angewiesen, dass das Verbot aufgehoben und seine Verwaltung noch einmal Ÿber ihre Haltung beraten werde. Martha sei eine "umtriebige und einfallsreiche SchŸlerin", die ja auch viel Geld fŸr gute Zwecke gesammelt habe.
Martha hatte Anfang Mai damit begonnen, tŠglich ihr Schulessen abzulichten. Sie zŠhlte, wie viele Bissen das Mittagessen dauerte und vergab Punkte auf einer Skala von eins bis zehn dafŸr, wie gut es ihr schmeckte und wie gesund sie das Gericht fand. Besonders zu Beginn war ihre Bilanz ernŸchternd: Einmal bestand ihr Mittagessen aus einem kleinen StŸck KŠsepizza, einer Krokette, etwas Mais und einem Muffin. "Ich bin ein wachsendes Kind, und ich muss mich den ganzen Nachmittag konzentrieren. Das schaffe ich nicht mit nur einer Krokette."
Eine extra Portion Kartoffelbrei
Gro§britannien bemŸht sich seit Jahren um gesŸnderes Schulessen. 2005 startete Starkoch Jamie Oliver unter gro§er Medienbeobachtung seine Schulkampagne "Feed me better", die Regierung versprach Hunderte Millionen Euro. Oliver und viele weniger prominente Leser waren geschockt Ÿber Marthas Berichte. Aus vielen LŠndern schickten Menschen dem MŠdchen Bilder von ihrem eigenen Kantinenessen. Jamie Oliver twitterte: "Bleib stark, Martha".
Die Gemeindeverwaltung kritisierte das Blog als unausgewogen. "Die hochgeladenen Fotografien scheinen nur einen Bruchteil der Wahlmšglichkeiten zu reprŠsentieren, die SchŸlern offen stehen", schrieb das Council. FŸr umgerechnet 2,50 Euro am Tag kšnnten die Kinder eine Vorspeise und eine Hauptspeise oder eine Hauptspeise und einen Nachtisch wŠhlen. Dazu bekŠmen sie so viel Salat und Brot, wie sie wollten. Die Speisekarte werde gemeinsam mit SchŸlern, Eltern und Lehrern entworfen, und man achte auf eine ausgewogene ErnŠhrung. In den vergangenen zwei Jahren habe sich au§er Marthas Familie niemand Ÿber das Schulessen beschwert.
Martha bedankte sich am Freitag fŸr die riesige UnterstŸtzung im Internet. "Ein kleines Dankeschšn reicht nicht, deshalb ist hier ein gro§es DANKESCH…N an euch alle!", bloggte sie. "Ich freue mich darauf, meine Mahlzeiten und eure zu teilen."
Das MŠdchen hat die gro§e Aufmerksamkeit genutzt, um Spenden zu sammeln fŸr die Organisation Mary's Meals, die unterernŠhrten Kinder helfen will. Nach dem Fotografieverbot spendeten noch mehr Menschen als zuvor. Es seien mehr als 45.000 Pfund zusammengekommen, schrieb Martha begeistert. Ihr Vater David Payne dankte der Schule, dass sie seine Tochter von Anfang an unterstŸtzt habe. Martha hatte sich die Erlaubnis eingeholt, ihr Schulessen fotografieren zu dŸrfen.
Womšglich hat Martha erreicht, dass sich ihre Kantine mehr MŸhe gibt. Dem Schulessen, das sie als letztes fotografierte, gab sie auf ihrem Food-o-meter die volle Punktzahl: Makkaroni mit KŠsesauce seien in der Kantine so sahnig und schmeckten gut mit Radieschen und Paprika. Und sogar etwas extra Kartoffelbrei sei ihr angeboten worden. Das Council wies zurŸck, dass der Caterer wegen des Blogs irgendetwas an seinem Lieferdienst verŠndert habe
die Bilder>>