Die stŸmperhafte Arbeit der Erfurter Behšrde war am Montag Gegenstand im NSU-Untersuchungsausschuss im ThŸringer Landtag. Der einstige PrŠsident des Landesamtes, Helmut Roewer, wies jede Verantwortung von sich. Sein bemerkenswerter Auftritt ist in diesem SZ-Artikel nachzulesen.
Das Protokoll der Sitzung ist fŸr die …ffentlichkeit nicht zugŠnglich. Die Linken-Abgeordnete Katharina Kšnig, die an der Befragung teilnahm, hat jedoch die "Top 10 Aussagen" der drei Verfassungsschutz-Zeugen in ihrem Blog veršffentlicht. Um das "Wahnsinnschaos" zu dokumentieren, wie sie im GesprŠch mit SZ.de sagt. "Die Sitzung wurde ja nicht im Fernsehen Ÿbertragen, es gab fŸr die breite …ffentlichkeit keine Mšglichkeit, das Chaos zu dokumentieren. Deshalb habe ich die bemerkenswertesten Zitate mitgeschrieben und onlineÊgestellt."
Im Netz werden die Aussagen der VerfassungsschŸtzer mit einer Mischung aus AmŸsement und Fassungslosigkeit kommentiert: "Ist das der Verfassungsschutz oder ein Irrenhaus?" oder "Wenn es nicht so schlimm wŠre, wŠre es gro§e Comedy", hei§t es bei Twitter. "Die Zitate waren derma§en bizarr, dass ich mich dabei erwischt habe, immer wieder nachzuschauen, ob ich nicht auf den Titanic-Seiten bin", schreibt ein Kommentator in einem Blog.
€hnlich ging es Dorothea Marx, Landtagsabgeordnete der SPD und Vorsitzende des Untersuchungsausschusses: "Es gefriert einem das Lachen, wenn man das hšrt." Marx bestŠtigte die Echtheit der Zitate aufÊSZ-Anfrage.
Nachfolgend dokumentieren wir die von Katharina Kšnig gesammeltenÊAussagen.
Norbert W., ein heute pensionierter Geheimdienstler, der seinerzeit in der Abteilung "Werbung und Forschung" des Landesamts tŠtig war, wird wie folgt zitiert:
"Der Roewer sollte mal aus dem Amt gedrŠngt werden. DafŸr wurde ein Dossier angefordert. Dazu kam es aber nicht. Die Person ist kurzfristig nach einem UrlaubÊverstorben."
"Skinheads anzuwerben war eine absolute Katastrophe, die besaufen sich und kšnnen sich dann an nichts mehrÊerinnern."
Im Anschluss an Norbert W. sprach Karl Friedrich Schrader, einst Referatsleiter in der Abteilung fŸr Rechtsextremismus.
"Roewer ist in der sechsten Etage der Verfassungsschutzbehšrde einmal Fahrrad gefahren. Auf die Frage, warum er das macht, antwortete er, er mŸsse neue ObservationsfahrrŠder testen fŸr dieÊObservationskrŠfte."
"Einmal kam ich in Roewers Dienstzimmer, da standen drei Tische aneinander, mit Kerzen, KŠse, Wein und sechs bis sieben Damen drumherum. Man wusste gar nicht, mit welcher er zuerst zu Gange ist. Ich sollte ihm in deren Anwesenheit geheime DingeÊerzŠhlen."
"Im Sommer lief Roewer immer barfu§ durchs Amt. Dann lagen seine schwarzen FŸ§e auf dem Schreibtisch, wŠhrend wir uns in seinem BŸroÊbesprachen."
"Leider wurde das Referat 1998 von Roewer aufgelšst, so wie er das immer selbstherrlich machte. Immer dann, wenn er mit dem Referatsleiter €rger hatte, hat er das Referat aufgelšst. Und das war dannÊso."
SIE SIND JETZT AUF

Als ich einen Beschwerdebrief über die Praxis im Amt an den Innenminister schrieb, wurde ich im Anschluss mit sieben bis acht Verfahren überzogen. Man hat mich zum Amtsarzt geschickt, um meine geistige Gesundheit zu überprüfen."

"Nach Weihnachten 1999 hat mir Roewer Hausverbot erteilt. Danach war ich bis 2005 bei vollem Gehalt zu Haus. Am Anfang hab ich mich zuerst nicht so wohlgefühlt, aber nach einiger Zeit dann doch gut daran gewöhnt."

Helmut Roewer stritt die Anschuldigungen ab. Seine eigenen Aussagen sind jedoch kaum geeignet, die Behörde in ein besseres Licht zu rücken. Im Gegenteil.

"Es gab viele im Amt, die nichts konnten, und nur wenige, die fortgebildet werden konnten. Ich galt als Spitzenkraft auf dem Gebiet Verfassungsschutz."

"Einmal musste ich disziplinarrechtlich einschreiten, da hatte einer meiner Mitarbeiter volltrunken einen Dienstwagen zu Schrott gefahren. Hinter der freundlichen Fassade steckt nicht immer Kompetenz."

"Es waren 50 Leute im Landesamt für Verfassungsschutz, von den 50 hatte keiner eine richtige Ausbildung. Meine Vorgesetzten waren der Meinung, ich sollte das machen. Sie haben mich exzellent beurteilt."

"Es wurde aus unserem Amt versehentlich mal ein Fax an die Grünen verschickt, mit einer Personenliste von PDS-Abgeordneten. Das Fax sollte eigentlich an die CDU gehen und war aber gar nicht autorisiert. Ein Mitarbeiter hat das ohne Absprache mit mir gemacht. Ich war da im Urlaub."

(Auf die Frage, wie er Verfassungsschutz-Präsident wurde:) "Es war an einem Tag nachts um 23 Uhr, da brachte mir eine unbekannte Person eine Ernennungsurkunde vorbei, in einem gelben Umschlag. Es war dunkel, ich konnte sie nicht erkennen. Ich war außerdem betrunken. Am Morgen fand ich den Umschlag jedenfalls noch in meiner Jacke."