Donnerstag, den 30. Juni

am kommenden Sonntag um Null Uhr im Fernsehen, Bayerischer Rundfunk der Film San Domingo aus dem Jahr 1970.

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aktualisiert Fr.21:49h

Mit einem Bild -von den Proben zur Penthesilea- des stehenden Menschen geradeaus und sonst nichts, ist alles Vorige wie weg.
Mit San Domingo offenbart sich bereits Syberbergs Interesse an deutscher Hochkultur und insbesondere an Heinrich von Kleist, dem er in den achtziger und neunziger Jahren noch zwei stilisierte Filmadaptionen mit Edith Clever widmete. Die tragische Liebesgeschichte aus Kleists ErzŠhlung Die Verlobung in St. Domingo (1811) siedelt Syberberg jedoch nicht in einer kŸnstlichen BŸhnenwelt an, sondern im politisch aufgeheizten Klima des Jahres 1970. Michi (Michael Kšnig) flieht vor dem dekadenten Reichtum seiner Eltern in eine von Rockern, linken Studenten und anderen Freigeistern bevšlkerte Kommune in der MŸnchner Vorstadt. Als die Rocker aus der Anwesenheit des neuen Gastes Profit schlagen und Lšsegeld von seinen Eltern erpressen wollen, setzten sie Alice (Alice Ottawa) auf den etwas naiven jungen Mann an.
Die sich zwischen Michi und Alice entwickelnde Liebe bildet allerdings nur den roten Faden des Films. Dazwischen widmet sich San Domingo auf jene analytisch-dokumentarische und weitgehend undramatische Weise, wie man sie aus Syberbergs frŸhen Filmen kennt, dem Alltag seiner jungen Protagonisten. Der Film zeigt etwa, wie sich Alice als Fotomodell bewirbt und wegen ihrer dunklen Hautfarbe abgelehnt wird, wie Rocker und Studenten Ÿber die stŠndigen Schikanen der Polizei und eine geplante Revolte diskutieren und schlie§lich, wie jeglicher revolutionŠrer Geist wŠhrend einer Drogenparty in Lethargie umschlŠgt. Auf der Tonspur rumpeln dazu die Improvisationen der legendŠren Krautrockband Amon DŸŸl II als musikalische Entsprechung fŸr Syberbergs ungewohnt freie filmische Form.
Abgesehen von Michael Kšnig und seinen Filmeltern stehen in San Domingo ausschlie§lich Laiendarsteller vor der Kamera, die sich mehr oder weniger selbst spielen. Dass der Film trotz seiner technischen UnzulŠnglichkeiten und rohen Form durchaus unterhaltsam ist, liegt vor allem an der Unbefangenheit und NatŸrlichkeit einiger Laien vor der Kamera. Neben der Wienerin Alice Ottawa als Heldin des Films beeindrucken besonders Rocker Hasi (Wolfgang Haas), der mit Lederweste und breitem Bayrisch den jungen Wilden gibt, sowie der auch heute noch als Schriftsteller und Haschpropagandist tŠtige Hans-Georg Behr, der mit seiner Idee fŸr ein ãdeutsches KrŸppelspielÒ, dem Faible fŸr ritualisierten Drogenkonsum und selbstgedichteten, grotesken Liedern fŸr unvergleichlich absurde Momente sorgt.
In diesem undurchsichtigen SpannungsverhŠltnis aus Realem und Fiktivem ist nie so ganz klar, wo die Grenzen zwischen Dokumentation und Inszenierung liegen. Der vermeintliche Naturalismus einiger Szenen wird immer wieder durch artifizielle Augenblicke gebrochen. In stilisierten Zwischenspielen werden etwa Michis sich sorgende Eltern mit affektierter Gestik und vor der realitŠtsfernen Kulisse eines Schlosses als †berbleibsel einer vergangenen €ra inszeniert. Den absoluten Hšhepunkt bei der Konfrontation zwischen verschiedenen RealitŠtsebenen erreicht der Film aber, wenn Michael Kšnig wŠhrend einer Partyszene plštzlich aus seiner Rolle fŠllt, sich an die Kamera richtet und seinen Unmut Ÿber das mangelnde politische Bewusstsein seiner Figur Šu§ert.
Wie in den meisten Filmen aus dieser Zeit wirkt die politische Gesinnung der Figuren aus heutiger Perspektive etwas naiv. Was San Domingo hinsichtlich seiner Entstehungszeit so bemerkenswert macht, ist die relativ neutrale Haltung Syberbergs gegenŸber seinen Darstellern. Heute eckt der Regisseur zwar immer wieder mit rechtskonservativen €u§erungen in Feuilletons und eigenen Publikationen an, jedoch scheint die mangelnde Zugehšrigkeit zur linken Szene damals Grund fŸr seinen unverklŠrten Blick gewesen zu sein. Ohne seine Figuren vorzufŸhren, zeigt der Film schlie§lich eine Jugend, die všllig unfŠhig ist, sich fŸr eine Revolution zu organisieren. Eine zwanzigminŸtige, ungeschnittene Szene in San Domingo zeigt, wie Mitglieder der Roten Zellen versuchen, mit den Rockern zu kooperieren, diesen jedoch mit ihren intellektuellen Phrasen nicht einmal annŠhernd ihren Standpunkt vermitteln kšnnen. Hier lŠsst sich auf geradezu schmerzhafte Weise beobachten, wie eine Revolution scheitert.
Kritik von Michael Kienzl

Was dazu zu sagen wäre:


Ausgerechnet San Domingo.
41 Jahre her.
Ich hatte darum gebeten, als der Ludwig-Film nicht zu senden möglich war.
Wie er entstand.
Davor Scaraba/Wieviel Erde braucht der Mensch(1968).
Danach Ludwig, Requiem...(1972)
Zur speziellen Technik
Die Art der Premiere im ARRI/München
und des Verleihs ohne Verleih
Kleist im Film damals und die Folgen für das Theater
Und wieder: zum Kleist-Jahr 41 Jahre danach wollen sie diesen Film
(darauf wäre noch zurück zu kommen)
In Nossendorf wieder, am Anfang halfen die Vorstadterfahrungen aus München.
Aber - s.u-

Kein Hitler, keine Winifred Wagner also, kein Parsifal, -ja, den Ludwig wollten sie in Bayern zeigen, und den gab das ZDF nicht frei(ohne Antwort! auf die Bitte und Gegenvorschläge).