mail aus Dortmund/Berlin
jenseits.
hiesigen Kunstbetriebs.
völlige Konzentration.
abgerungen der ungewohnten Hand.
mit geheimnisvoller Kraft.
die Betrachter mitzunehmen.
in sonst verborgene,
gescheute Welten.
sich vertraut zu machen.
mit ihnen.
Weihnachtswunder besonderer Art.
großes Geschenk.
als
ich die Katharina aus Polen fragte und morgen am Heiligen Abend, ob ich anrufen
könne am Abend, sagte sie, nicht da, und als fragte, ob ich sie, Frau Krieger
anrufen könne, lachte sie:
oh
in Bett, Tabletten
und fertig.
morgen weiter
mail aus Maine
Ein Wunder, ja.
Die zweite Seite, erstaunlich.
Und wieder mit subtil verborgenen Gesichtern.
Ich hoffe, dass diese Stücke richtig archiviert werden.
Sie sieht so zerbrechlich jetzt aus. Es ist ergreifend.
Es lässt mich mich über die Qualität des Obhut fragen.
Fröhliches Weihnachten zu jedem.
16:50h aus Berlin
Lieber Herr Syberberg,
die Zeichnungen sind von einer unglaublichen Tiefe. Möglicherweise scheint
hier etwas durch, was seit ewiger Zeit unterschiedliche Namen trägt:
Gott, Substanz oder wie in unserer Zeit bei Heidegger das Sein. Sie müssen
gezeigt werden. Von zwei seltsam unterschiedlichen Seiten bin ich gerade
gefragt worden, über das Bildnis zu handeln. Einmal vom Bundespräsidenten
Köhler, der alle seine Vorgänger gemalt haben will, und ich bin
gebeten, den entsprechenden Künstler zu suchen. Dann ein Vortrag an
der Humboldt-Universität über Porträtmalerei in der Gegenwart
und beides brachte das eine Resultat: es gibt keine Bildnismaler mehr. Eine
gute Frage, warum das Gesicht nicht mehr Gegenstand der Malerei und Zeichnung
ist und symptomatisch für unsere Zeit: die Physiognomie ist verschwunden.
Wir haben immer mehr, was Kassner schon in den 30er Jahren wußte, nur
noch das "mechanische Gesicht." (- was keine Gesichte mehr kennt).
Dass das Gesicht aber, wo immer es herkommt, gezeichnet werden kann, dafür
stehen diese wunderbaren Blätter von Frau Krieger. Sie erinnern an Rembrandt
und davor vielleicht nur noch an Leonardo.
Wir werden mit diesen Werken etwas erreichen müssen.
Ihnen und Ihrer Frau die herzlichsten Grüße und Wünsche zum
Fest. Sicher sind Sie in einer der schönen Kirchen Münchens, die
es leider in Berlin gar nicht gibt. Wir gehen heute Abend nach Birkenwerder,
wo ein Mönch vor nicht allzu langer Zeit ein Kloster gegründet
hat. Wir sind auf seine Predigt gespannt.
Ihnen eine schöne, friedliche Zeit und kommen Sie gut in das zehnte
Jahr dieses nicht sehr hoffnungsvollen Jahrhunderts.
Bis bald in Nossendorf.
Eugen Blume und Cornelia Wieg