SPIEGEL-online
22. März 2009, 14:08 Uhr
"KEIN TOTALER UNRECHTSSTAAT"
DDR-Äußerungen bringen Ministerpräsident in Bedrängnis
Erwin Sellering, Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, sorgt mit Äußerungen zur deutschen Vergangenheit für Aufregung. Er verwahre sich dagegen, "die DDR als totalen Unrechtsstaat zu verdammen". Die CDU findet das unerträglich.
Schwerin - Mit relativierenden Äußerungen über die DDR hat der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering, eine Welle der Empörung ausgelöst. "Ich verwahre mich dagegen, die DDR als totalen Unrechtsstaat zu verdammen, in dem es nicht das kleinste bisschen Gutes gab", sagte der SPD-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Vor allem Politiker aus den Reihen der Landes-CDU, Sellerings Koalitionspartner, nannten die Äußerungen des Ministerpräsidenten unerträglich und anmaßend.
AP
Ministerpräsident Erwin Sellering: "Die alte Bundesrepublik hatte auch Schwächen, die DDR auch Stärken"
Sellering räumte in dem Interview zwar ein, dass es keine Kontrolle durch unabhängige Gerichte gegeben habe, weshalb zur DDR auch immer ein Schuss Willkür und Abhängigkeit gehörten. Er habe aber Bedenken gegen Diskussionen, die sich nur auf die DDR beschränkten, erklärte Sellering: "Die alte Bundesrepublik hatte auch Schwächen, die DDR auch Stärken." Es sei nicht ein idealer Staat auf einen verdammenswerten Unrechtsstaat gestoßen.
Zu den Stärken der DDR zählte Sellering die Betreuung in den Kindertagesstätten. Auch heutige Reformen in der Schule und in der Gesundheitsversorgung habe es schon in der DDR gegeben.
Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Harry Glawe, warf Sellering daraufhin eine "gefährliche Relativierung des Unrechtsstaates DDR" vor. Die Aussagen Sellerings bezeichnete er als "unerträglich". Die DDR sei auf einem Lügen-System aufgebaut gewesen. Für persönliches Vorankommen sei staatskonformes Denken die wichtigste Voraussetzung gewesen.
"Ich bin erschrocken, dass sich Sellering damit gerade im Jahr 20 des Mauerfalls in eine Reihe jüngster Relativierungsversuche aus Richtung der Linken stellt", sagte der CDU-Politiker. Wer die DDR nicht persönlich erlebt habe, sollte sich nach Glawes Ansicht gerade als Ministerpräsident mit beschönigenden Aussagen zurückhalten.
"Ohrfeige für alle Opfer und ihre Angehörigen"
"Als Ministerpräsident eines neuen Bundeslandes und gebürtiger Nordrhein-Westfale ist es anmaßend, sich über eine nicht erlebte Vergangenheit derartig zu äußern", sagte der Landesvorsitzende der Jungen Union, Marc Reinhardt. Das Unrecht in der DDR 19 Jahre nach der Wiedervereinigung öffentlich in Frage zu stellen, zeuge nicht nur von einem verklärten Geschichtsbild, sondern stelle gleichzeitig eine Ohrfeige für alle Opfer und ihre Angehörigen dar.
Der FDP-Fraktionschef im Schweriner Landtag, Michael Roolf, empfahl Sellering einen Besuch der Stasihaftanstalt Hohenschönhausen, wo politisch Verfolgte ohne Anklageerhebung und Prozess eingesessen hätten und psychisch wie physisch gefoltert worden seien. "Das System der DDR war praktisch und rechtlich auf Kontrolle und Unterdrückung Andersdenkender ausgerichtet", erklärte Roolf.
Das Hammann'sche Gut war immer etwas belächelt. Später wohnte der russische Kommandant Iwan dort. Dann war dort Schule und Gemeindebüro. Man siehts.
Vom Stadtgut ist nicht mehr zu sehen. Vom Erdboden vertitlgt mit allen Ställen und Scheunen plus Gutshaus, Park und Gärten., Nichts. Eine leere Fläche. DDR gemäss.
In den Nachrichten des Radios wird gerade dazu gemeldet: dass es in der DDR keine Verwaltungsgerichte gegeben habe.
Damit wird jetzt klar, was hier geschieht und worin der Unterschied zum Westen bestand - und besteht. So beschissen die Juristen und Gerichte auch im Westen in der Praxis sein können, man kann nach dem Gesetz gegen Unrecht Revision einlegen. Kämpfen, sich was einfallen lassen. Im Osten war das, was die Amtsperson oder das Amt (der Partei) sagte, tat, Recht. Proteste beim Oberen mussten bezahlt werden, durch Ergebenheit, Unterwerfungen. Wir wissen wie und durch was. Da sehen wir noch heute, jeden Tag hier. Selbst vergleichsweise marginale Fälle, wie der des Protests gegen die Einziehung eines Weges, das Abholzen von 150 Pappeln einfach so geschieht unter der Duldung aller, die zusehen, es wird schon richtig sein oder man kann nichts machen, öffentliches Auftreten gilt als Ungeheuerlichkeit, die Ämter antworten nicht, die Gefahr vor Gericht zum kommen kennen sie nicht. Ruft die vorgesetzte Behörde an: Ducken und Speichellecken. Wir sind im Osten, noch lange. Auch im Westen versucht man so was, aber weniger erfolgreich und der Widerstand ist erporbter und möglich. es gibt Instanzen. Mit neuem Ärger aber amn kann.