Der polnische Deutschland-Beauftragte Wladyslaw Bartoszewski: Deutliche Worte gegen Erika Steinbach

Der frühere Außenminister warnte die Bundesregierung davor, Steinbach in das Gremium zu berufen: "Die Regierung von Donald Tusk hat Germanophobe aus der Leitung polnisch-deutscher Institutionen entfernt", sagte der polnische Deutschlandbeauftragte nach einem Bericht der Zeitung "Dziennik", "wir erwarten dasselbe von Deutschland. Wenn es zu dieser Ernennung kommt, werden polnische Behörden die Absage einiger deutsch-polnischer Veranstaltungen in Erwägung ziehen."
Als Beispiel nannte Bartoszewski ein für Ende Februar in Hamburg geplantes Spitzentreffen zwischen Ministerpräsident Donald Tusk und Merkel. Zudem könnte der Aufbau eines europäischen Netzwerks der Erinnerung beeinträchtigt werden

Der vertriebenenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jochen-Konrad Fromme (CDU), bezeichnete Bartoszewskis Aussage als "unerhörte Diffamierung", die den deutsch-polnischen Beziehungen "nachhaltig schaden könnte". Die derzeitige Debatte gerate in Polen offenbar "völlig aus den Fugen".

Bundeskanzlerin Merkel empfing Bartoszewski am Montag im Kanzleramt. Nach dem Gespräch sagte der Regierungsbeauftragte, er sei "völlig beruhigt und befriedigt". Er sei nun überzeugt, dass er sich auf die Loyalität der Kanzlerin verlassen könne.

Streit könnte vertagt werden

Der SPIEGEL hatte am Wochenende berichtet, dass der Bund der Vertriebenen trotz massiver Widerstände aus Polen auf Entsendung Steinbachs in den 13-köpfigen Stiftungsrat bestehe. Die CDU-Politikerin ist in Polen äußerst unbeliebt. Ihr wird vorgeworfen, die Geschichte umdeuten und damit die deutsche Schuld am Zweiten Weltkrieg relativieren zu wollen

Kulturstaatsminister Bernd Neumann muss den BdV allerdings noch formell auffordern, seine Kandidaten für das Gremium zu benennen. Das letzte Wort hat dann das Bundeskabinett. Neumann hat im Dezember erneut deutlich gemacht, dass eine Einmischung der Regierung in die Entscheidung des BdV nicht vorgesehen sei: "Das Vorschlagsrecht liegt bei den entsendenden Institutionen." Merkel hat ihre Vorstellungen zu der möglichen Berufung der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen bisher nicht zu erkennen gegeben. Die SPD lehnt sie - ebenso wie Polen - strikt ab.

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zu SPIEGEL WISSEN Doch der Streit um den Stiftungsrat wird möglicherweise erst einmal vertagt: Die Nachrichtenagentur dpa berichtet, dass möglicherweise erst die nächste Bundesregierung über die Zusammensetzung des Stiftungsrates entscheidet. Das Thema solle nicht in den Wahlkampf gezogen werden. Über die Besetzung des Stiftungsrats könne auch erst 2010 oder 2011 entschieden werden, hieß es in der Regierung. Das formale Verfahren zur Berufung der Stiftungsgremien hat noch nicht begonnen. Der Aufbau der Dokumentationsstätte zu Flucht und Vertreibung ("Sichtbares Zeichen") wird frühestens 2011 beendet sein. Experten rechnen damit, dass die Ausstellung nicht vor 2013 eröffnet werden kann.
Die Ausstellungs- und Dokumentationsstätte zur Erinnerung und zum Gedenken an Flucht und Vertreibung soll im Deutschlandhaus am Anhalter Bahnhof in Berlin entstehen. In der Dauerausstellung soll vor allem über die rund 14 Millionen deutschen Vertriebenen, aber auch über das Schicksal von Flüchtlingen anderer Nationen informiert werden.

sac/dpa/AP/Reuters