Sonntag, den 10. Mai

aktualisiert 15:00 h
auch End-Text in der Mitte

Mai in Nossendorf
Ja das ist anders. Ohne Fernsehn, wovon wir leben. Ohne Die Autos, die man hier fährt, ohne Kühltruhe. Lehm und grün statt Beton, Holz statt Plastik. Kastenfensten, statt Kippfenster und Türen massiv nach altem Plan, und mit Ästen und möglichst alt, Öfen statt Ölheizungen aus den Äckern und Kerzen statt überall Elektrizität. Andere Musiken. Aber wenn das Nischen- und Blockwartsystem nicht so aggressiv wäre, liesse es sich auch gut nebeneinander leben.
Jetzt wird viel in den Zeitungen von Kempowski gesprochen, der 8o geworden wäre, und einer seiner Vertrauten gab rechtszeitig bekannt, K. sei doch ein Spion der Amerikaner gewesen, weshalb er ins Gefängnis gekommen sei, 8 Jahre Bauzen, wahrscheinlich zu recht, wie er sagte seine Universität, keiner anderen gleich. - Als ich in vergleichbarem Alter jung aus dem Osten wegging, ffuchtartig über Berlin noch, kam ich wie alle in das Aufnahmelager Friedrichsfelde mit einem Laufzettel, wo tägliche Stellen abzustempeln waren, um einen Pass im Westen zu erhalten. Diese verschiedenen Stellen waren auch Büros der westlichen Geheimdienste, aller Zonen und die Deutschen dazu. Und die Kirchen und Arbeitsvermittlungen usw. Zwei Wochen. Jeden Tag. Aber warum waren wir denn weggegangen. Waren wir deshalb Spione. Reden über was, Schule, Leben in Rostock. Vorfälle, IMs der Zeit mit überall Protokollen zu unterschreiben. Viel auch phantasiert, wollten doch wichtig sein und anerkannt werden als Politische und Wut hatten wir allzumal, warum sonst unseren Ort verlassen und alle die wir kannten, wohin? Und darum die Wut heute über die, denen wir damals vertrauten, indem wir zu ihnen kamen, uns anzuvertrauen, dem besseren Leben (siehe>).

Von über all seit 4 Uhr früh die Hähne und dann die Hühner wenn sie ein Ei gelegt haben und die Gänse in den Lüften vorbei und Enten oder der Kuckuck und das Schaaf, das den Bock sucht, Amseln, Klappergrasmücke, der Sorch auch klappert doch noch immer, wieder. Der Graben aber hinten ist jetzt in brüchigen DDR-Rohren verlegt und das Wasser soll 5 Meter links und Rechts keine Bäume mehr dulden. Alle Bäume weg. Das Wasser fliesst von Feld zu Feld in die Gräben und diese über die Felder am Wald entlang in die Trebel, seit 10 000 Jahren, Eiszeit damals, jetzt in Rohren ohne Bäume zu dulden mit solchen die darüber wachen. Das gibt Macht und Kämpfe um Bäume ohne diese keine Wasser auf den Feldern und ohne Felder kein Korn und ohne Korn kein Brot. Brauchen wir noch Brot.

Aus der Küche die Geräusche schnell schnell Frühstück mit den Brötchen aufgewärmt noch aus Korn. Bei uns ja. und aus Wasser der Bäume und von den Feldern. Das uns.