RECHTSEXTREMIST VOR GERICHT
Staatsanwältin zollt Mahler Respekt und verliert Posten
Für sie war es nur ein Missverständnis, für ihre Vorgesetzten unerträglich: Eine Oberstaatsanwältin aus Cottbus hat dem Rechtsextremisten Horst Mahler ihren Respekt bekundet. Nun hat sie ihren Job verloren - als Leiterin der Abteilung für politisch motivierte Straftaten.
Potsdam - Ein einziges Wort kann eine Karriere beenden: Nach ihrer Respektbekundung für den früheren NPD-Anwalt Horst Mahler muss Oberstaatsanwältin Cecilie Cramer-Krahforst ihren Posten als Abteilungsleiterin an der Cottbuser Staatsanwaltschaft räumen. Er erwarte in dieser Position - als Chefin der Abteilung für politisch motivierte Straftaten - "mehr Fingerspitzengefühl", sagte Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg am Donnerstag. Aus seiner Sicht handele es sich um eine "schlimme Entgleisung". Cramer-Krahforst hatte am Dienstag in einem Prozess gegen Mahler in ihrem Plädoyer gesagt, der Mut des Angeklagten, für seine Überzeugung ins Gefängnis zu gehen, nötige ihr "einen gewissen Respekt" ab".
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Horst Mahler Rechtsextremismus Neonazis Cottbus
zu SPIEGEL WISSENRautenberg sagte, die Oberstaatsanwältin habe sich zu dem Vorfall geäußert und ihre Worte "zutiefst bedauert". Cramer-Krahforst wird demnach weiterhin bei der Staatsanwaltschaft Cottbus arbeiten, sie soll jedoch mit der Leitung einer anderen Abteilung betraut werden.
Zuvor hatte ein Sprecher des Justizministeriums in Potsdam gesagt, die erfahrene Juristin sei über jeden Verdacht einer Sympathie für Rechtsextremisten erhaben. Dennoch sei ihr mit ihrer deplazierten Äußerung möglicherweise "für einen Moment entglitten", dass sie in dem Prozess vor dem Landgericht Cottbus als Vertreterin der Staatsanwaltschaft auftrat.
Der Leiter der Cottbuser Staatsanwaltschaft, Wilfried Robineck, hatte sich nach dem Plädoyer Cramer-Krahforsts bereits deutlich von seiner Kollegin distanziert und ihre Äußerung "unerträglich" genannt. Robineck hatte sowohl das Justizministerium in Potsdam als auch den Generalstaatsanwalt unterrichtet.
Bereits im Prozess hatte der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung heftige Kritik an der Juristin geübt. Wie der "Tagesspiegel" am Donnerstag berichtet, hatte der Richter betont, "dass die Kammer sich diesem 'Respekt' nicht anschließen kann, sondern Herrn Mahler für einen sehr gefährlichen Rechtsextremisten hält".
Nur ein "Missverständnis"?
Cramer-Krahforst hatte Mahlers Ideologie in dem Prozess als absolut verwerflich bezeichnet und neun Monate Haft gegen ihn beantragt. Ihren "Respekt" begründete sie außerhalb des Gerichtssaals damit, dass es "bemerkenswert" sei, dass Mahler offenbar einen Richter suche, der seine Auffassung teile, der Paragraf 86a des Strafgesetzbuches sei verfassungswidrig. Darin wird die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen mit bis zu drei Jahren Haft geahndet.
In einer Erklärung, die Cramer-Krahforst am Donnerstag abgab, sprach die Juristin von einem "Missverständnis". Sie sei auf die Beweggründe und Ziele des Angeklagten eingegangen, habe aber damit keinesfalls Achtung oder gar Ehrerbietung zum Ausdruck bringen wollen.
Der 72-jährige Mahler wurde von der Cottbuser Strafkammer zu elf Monaten Haft verurteilt. Nach Überzeugung des Gerichts hatte Mahler 2006 beim Antritt einer Haftstrafe in Cottbus seinen Arm zum Hitlergruß erhoben und einer Gruppe von Anhängern "Sieg Heil" oder "Heil Hitler" zugerufen. Mahler ist bereits mehrfach wegen ähnlicher rechtsextremer Propagandadelikte verurteilt worden.
ffr/AFP
STROM-STUDIE
Stallmist enthält Energie für Millionen
Dung kann nicht nur stinken, sondern auch wertvollen Strom liefern. Forscher haben nach eigenen Angaben jetzt erstmals beziffert, welche Energiereserven in den Hinterlassenschaften des lieben Viehs schlummern. Und die sind durchaus beachtlich.
London/Austin - Der Mist von Kühen und anderen Nutztieren könnte Strom für Millionen Menschen liefern und zugleich das Klima schützen - so weit, so bekannt. Jetzt aber haben Wissenschaftler errechnet, dass mit dem Dung der Tiere allein in den USA rund 100 Milliarden Kilowattstunden Elektrizität produziert werden können - das entspricht knapp drei Prozent des US-Jahresverbrauchs. Damit könnten Millionen von Haushalten und Büros versorgt werden, schreiben Amanda Cuéllar und Michael Webber von der University of Texas in Austin im Fachblatt "Environmental Research Letters".
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Kuh: Rindermist kann wertvolle Energie liefern
Beim Verrotten von Fäkalien werden die beiden stark klimaschädlichen Gase Methan und Lachgas freigesetzt. Nach Angaben des Uno-Klimarats IPCC ist Methan 21-mal und Lachgas 310-mal klimawirksamer als Kohlendioxid, das allerdings aufgrund seiner Menge das wichtigste Treibhausgas ist.
Im Szenario der Forscher wird dagegen der Mist der Nutztiere in einem der Kompostierung ähnlichen Verfahren in Biogas umgewandelt, das dann Turbinen für die Stromproduktion antreibt. Auf diese Weise kann den Berechnungen zufolge die Menge der Treibhausgase, die bei der Stromgewinnung in den USA entstehen, um etwa vier Prozent gesenkt werden, schreiben die Experten.
Nach Angaben des amerikanischen Institute of Physics bietet die Studie wertvolle Erkenntnisse für alle Länder, in denen Viehhaltung eine größere Rolle spielt. Denn sie sei der erste Versuch, die nationalen Kapazitäten an erneuerbaren Energien, die auf diesem Wege entstehen können, und die entsprechende Ersparnis an Treibhausgas-Emissionen zu quantifizieren.
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Biogas erneuerbare Energien Biotreibstoffe
zu SPIEGEL WISSENAngesichts der Kritik an Biotreibstoffen sei die Produktion von Biogas aus Stallmist weit weniger kontrovers, meinen Cuéllar und Webber. "Hier wird eine bereits existierende Abfallquelle genutzt, um der Umwelt zu nützen", so die Forscher. Sie räumen allerdings auch ein, dass die Logistik für eine groß angelegte Biogas-Produktion ihrerseits Treibhausgase verursachen würde. Deshalb müsse man auf lokaler Ebene entscheiden, welches das ökonomischste und energieeffizienteste System sei.
mbe/dpa