ESA 2004
Das Intergovernmental Panel on Climate Change, zu Deutsch der zwischenstaatliche
Ausschuss für Klimaveränderungen mit Sitz in Genf, wurde 1988
vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (Unep) und der World Meteorological
Organization (WMO) gegründet, die ebenfalls zur Uno gehört. Der
Inder Rajendra Kumar Pachauri ist seit Mai 2002 Vorsitzender des IPCC.
Das auch als Weltklimarat bezeichnete IPCC soll umfassend, objektiv und ergebnisoffen
die wissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen Informationen über
den von Menschen verursachten Klimawandel bewerten. Das Gremium, dem Hunderte
von Wissenschaftlern in aller Welt zuarbeiten, soll die Folgen und Risiken
der Klimaveränderung abschätzen und ausloten, wie man sie abschwächen
oder sich an sie anpassen kann.
Der IPCC führt keine eigenen Forschungsprojekte durch, analysiert die
Ergebnisse wissenschaftlicher Veröffentlichungen, die dem Peer-Review-Verfahren
- der Prüfung von Fachartikeln durch unabhängige Gutachter - gefolgt
sind.
Arbeitsgruppen
Das IPCC hat bisher 1990, 1995 und 2001 Berichte über den Stand der
Klimaforschung abgegeben. Am 2. Februar wird der erste Teil des neuen Reports
vorgestellt, die Teile zwei und drei werden im Lauf des Jahres folgen.
An dem Bericht sind drei Arbeitsgruppen beteiligt: Arbeitsgruppe eins stellt
den Stand der Klimaforschung dar, fasst Daten und Computersimulationen zusammen
und trifft Aussagen über die künftige Entwicklung. Arbeitsgruppe
zwei berichtet über die möglichen Folgen der Erwärmung für
Mensch und Umwelt, Arbeitsgruppe drei über mögliche Gegenmaßnahmen
Bisherige Ergebnisse
Im ersten Klimareport des IPCC von 1990 war noch von einem natürlichen
Treibhauseffekt die Rede, der von Emissionen des Menschen verstärkt
werde. Der Report von 2001 ging wesentlich weiter: Er besagte, dass die Treibhausgas-Emissionen
des Menschen für den größten Teil der Erwärmung verantwortlich
sind. Auch Computersimulationen, die zur Prognose der zukünftigen Entwicklung
eingesetzt werden, räumte das IPCC 2001 steigende Glaubwürdigkeit
ein. Beides brachte dem Klimarat teils harsche Kritik von Regierungen und
Industrievertretern ein.
Der IPCC-Report von 2001 sagte voraus, dass die Temperatur an der Erdoberfläche
im globalen Schnitt bis 2100 um 1,4 bis 5,8 Grad steigen werde. Der neue
Bericht engt diesen Rahmen auf 2 bis 4,5 Grad ein und nennt drei Grad als
wahrscheinlichsten Ausgang.
Experten gehen inzwischen davon aus, dass eine Erwärmung von weniger
als zwei Grad zwar zu einer deutlichen Zunahme von extremen Wetterphänomenen
führen, insgesamt aber noch beherrschbar sein wird. Bei einer Erwärmung
von deutlich mehr als zwei Grad werden katastrophale Folgen befürchtet.
Darunter sind technokratische Konzepte im Kampf gegen die globale Erwärmung
zu verstehen, zum Beispiel der gezielte Eintrag von gigantischen Mengen Schwebstaub
in die Erdatmosphäre, um einfallendes Sonnenlicht zurückzuwerfen. "Die
Sonneneinstrahlung zu modifizieren könnte eine bedeutende Strategie
sein, falls die Vermeidung von Emissionen aus dem einen oder anderen Grund
scheitert" - dieser Satz war laut "Guardian" ein Wunsch der
US-Regierung für den dritten IPCC-Teilreport in diesem Jahr.
Die Uno-Sachverständigen zeigten sich von derlei Ansinnen offenbar aber
unbeeindruckt. Unter dem beiläufigen Punkt "Weiteres" im Entwurf
ihrer Zusammenfassung verwenden sie zweieinhalb dürre Zeilen auf die
Pläne der US-Technokraten: "Möglichkeiten des Geo-Engineerings
bleiben weitgehend spekulativ und unkalkulierbar in ihren Kosten." Außerdem
seien mögliche Nebeneffekte der großtechnischen Eingriffe in den
Strahlungshaushalt unbekannt. Nicht einmal die Empfehlung aus den USA, wenigstens
die Risikoforschung auf diesem Feld voranzutreiben, findet sich im Berichtsentwurf.
Nur noch Zeit bis 2020
Die Analyse der Forscher: Nur wenn die Menschheit den Ausstoß von Klimagasen
eiligst drosselt, könnte sie die schlimmsten Folgen des Klimawandels
noch abwenden. Industrie- und Schwellenländer haben nicht mal mehr 15
Jahre Zeit für eine nachhaltige Trendumkehr beim Treibhausgas-Ausstoß.
Spätestens bis 2020 muss das fossile Zeitalter seinen Zenit überschritten
haben - sprich, der Ausstoß von Klimagasen dürfte nicht mehr von
Jahr zu Jahr steigen, sondern müsste substanziell abnehmen.
Den Forschern zufolge sollte die CO2-Konzentration in der Atmosphäre
auf einem Niveau von höchstens 420 Anteilen pro einer Million Luftmoleküle
(ppm) stabilisiert werden. Aktuell beträgt dieser Wert aber schon 383
ppm, und jährlich kommen aktuell weitere 2,5 hinzu. Die Warnung des
Weltklimarats: Die Zielmarke ist "nur in den stringentesten Szenarien" noch
zu erreichen - und damit ein Stopp der globalen Erwärmung bei maximal
zwei Grad Celsius (verglichen mit vorindustrieller Zeit).
Ein Überschreiten dieser Temperaturschwelle muss nach Ansicht vieler
Klimaforscher vermieden werden, weil die Folgen des globalen Wandels dann
unbeherrschbar würden.
Die IPCC-Autoren zitieren sogar Studien, nach denen die CO2-Emissionen schon
2015 zurückgehen müssen, damit die Temperatur im Laufe des Jahrhunderts
nicht über zwei Grad Celsius Plus hinausschießt. Das tolerierbare
Höchstniveau für Kohlendioxid wird in diesen Arbeiten mit 400 ppm
angegeben - und damit noch niedriger. Die Autoren der insgesamt sechs Studien
nennen Werte zwischen 48 und 86 Prozent, um die der Klimagasausstoß bis
2050 im Vergleich zum Jahr 2000 gedrosselt werden müsste. Knapp die
Hälfte - oder mehr als vier Fünftel? Das ist ein gewaltiger Unterschied.
Doch in ihrem Entwurf enthalten sich die IPCC-Autoren überraschend einer
Bewertung und sprechen nur vage von Emissionsreduktionen "über
50 Prozent", die bis 2050 nötig seien, um die Kurve noch zu kriegen.
Gegenwind für Luxusschlitten
Auch der deutschen Autoindustrie wird der dritte IPCC-Bericht weiteren Gegenwind
verschaffen. Seit Wochen wehrt sich diese vehement gegen scharfe gesetzliche
Limits für den CO2-Ausstoß von Pkw, wie die EU-Kommission sie
vorgeschlagen hat. Der neue Klimareport unterstreicht nun, dass die Treibhausgas-Emissionen
des Verkehrs "schneller gestiegen sind als in jedem anderen Energieverbrauchssektor".
2004 waren sie mehr als doppelt so hoch wie noch 1970. Den weitaus größten
Anteil an diesem Trend hatte der Autoverkehr: rund 75 Prozent. Deutlicher
geht es kaum.
KLIMAKILLER CO2 - ALLES WISSENSWERTE FÜR AUTOFAHRERDPA
Wenn Ihr Auto viel Kohlendioxid ausstößt, kommt Sie das teuer
zu stehen - SPIEGEL ONLINE zeigt die Problemfälle und gibt Ratschläge:
Auto-Übersicht: Die größten Umweltsünder
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Teuer: So stark könnten neue EU-Grenzwerte die Autopreise treiben
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Musterknaben I: Die sparsamsten Benziner
Musterknaben II: Die sparsamsten Diesel
In seiner ökonomischen Bewertung deckt sich Teil III des Weltklimareports
mit dem, was der frühere Chefökonom der Weltbank Sir Nicholas Stern
im Herbst für die britische Regierung ermittelt hatte.
Auch der IPCC kommt zu dem Schluss, dass frühzeitiges Handeln beim Klimaschutz "relativ
niedrige Kosten" verursacht. Unter anderem empfiehlt er:
Verstärkte Verwendung von Biokraftstoffen
Anbau von Trockenreissorten
Hybridfahrzeuge
Neue Atomkraftwerke
CO2-Abscheidung bei konventionellen Kraftwerken
Hausmodernisierung und besseres Gebäudemanagement
Strikte Maßnahmen, wie sie die Einhaltung der Zwei-Grad-Schwelle erfordert,
würden nach aktuellen Projektionen dann umgesetzt, wenn sich der Preis
für eine ausgestoßene Tonne CO2 bis 2030 auf 30 bis 120 Dollar
verteuern würde. Damit verschlinge der Kampf gegen den Treibhauseffekt
dann ein bis fünf Prozent des Bruttosozialproduktes, schätzen die
IPCC-Analytiker nach eigenen Angaben"grob". Die ökonomischen
Verluste durch den Klimawandel taxieren sie höher. Mit der Zeit könnten
die Schadensummen von Jahr zu Jahr um zwei bis vier Prozent steigen, steht
im betreffenden Kapitel.
Noch lange nicht auf dem richtigen Weg
Auf dem richtigen Weg, mit einem blauen Auge durch den Klimawandel zu kommen,
sei die Menschheit jedenfalls noch mitnichten: Beim Kohlendioxid "sind
die mittleren jährlichen Zuwachsraten im Zeitraum von 2000 bis 2005
höher als in den neunziger Jahren", schreiben die IPCC-Autoren.
Sie legen dar, dass der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen seit 1970
um mehr als 50 Prozent zugenommen hat. Die Emissionen von CO2 sind seither
sogar um rund zwei Drittel gestiegen. Knapp 60 Prozent Anteil haben daran
die Industrieländer - obwohl sie nur ein Fünftel der Weltbevölkerung
stellen.
KLIMAWANDEL: ALLE HINTERGRÜNDE AUF SPIEGEL ONLINEIPCC
Weltklimabericht 2007 im Überblick: Die Prognose in Grafiken
Im Detail: Übersicht zum Klimabericht
Folgen für Deutschland: Die Klimaänderung hier
Meerespegel-Simulation: Bedrohte Regionen
IPCC: Das sind die Herren des Weltklimas
Alle bisherigen Klimaschutzmaßnahmen, auch die im Rahmen des Kyoto-Protokolls,
seien "inadäquat, um die allgemeinen Treibhausgas-Emissionstrends
umzukehren", schreiben die Experten.
Der IPCC hatte schon Anfang Februar Schlagzeilen gemacht, als er in Paris
Ergebnisse aus dem ersten Teil des neuen Weltklimaberichts vorstellte ("Die
physikalische Basis des Klimawandels"). Die Autoren verkündeten,
es könne nun kein Zweifel mehr daran bestehen, dass menschliche Aktivitäten
maßgeblich hinter der globalen Erwärmung von knapp 0,8 Grad Celsius
seit 1850 stecken. Im April will der IPCC in Brüssel zwischenzeitlich
Ergebnisse aus dem zweiten Teil seiner neuen Expertise zu den ökologischen
und gesellschaftlichen Folgen des Klimawandels veröffentlichen.
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