SPIEGEL ONLINE - 20. Mai 2007, 17:10
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" WALLENSTEIN"-MARATHON
Einfahrt in den Schiller-Bunker
Von Jenny Hoch
In seinem neuesten Mammutprojekt erweist sich Peter Stein einmal mehr als demütiger Textarbeiter: Geschlagene zehn Stunden dauert seine Berliner Inszenierung von Schillers "Wallenstein". Ohne den Wortakrobaten Brandauer hätte das Unternehmen mit einer Bruchlandung geendet.
In Berlin hat soeben ein neues, ziemlich ungewöhnliches Museum aufgemacht. Es befindet sich darin nur eine einzige Vitrine. Sie hat die Form eines enormen rechteckigen Guckkastens, und man kann dort echte Menschen in historischen Kostümen und Zottelperücken dabei beobachten, wie sie historische Vorfälle nachstellen, die schon zu der Zeit, als ein berühmter Dramatiker sie aufschrieb, ein alter Hut waren: Heerscharen von Schauspielern spielen den Niedergang des berühmten Feldherrn Wallenstein im Dreißigjährigen Krieg nach, dem Friedrich Schiller 1799 mit einem dreiteiligen dramatischen Gedicht ein literarisches Denkmal setzte.
" Wallenstein": Woodstock oder Weihnachtsmärchen?



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Der Direktor dieses Museums, das manche wohl auch Theater nennen würden, ist Peter Stein, die lebende Ikone des deutschen Regietheaters. Der Mitbegründer der Berliner Schaubühne hat sich nach seinen inzwischen nun auch schon historisch zu nennenden Erfolgen in den sechziger und siebziger Jahren auf eine ganz spezielle Form der Geschichts- und Dramenvermittlung verlegt: Als demütiger Textarbeiter bringt er große Werke der Dramenliteratur beinahe ungestrichen und ohne eigenen interpretatorischen Ansatz auf die Bühne. Vornehmlich handelt es sich um Mammutprojekte, die er feldherrengleich organisiert und finanziert.
Nach seiner 21-Stündigen "Faust"-Inszenierung in Expo-Jahr hatte nun also ein 10-stündiger "Wallenstein" in der gigantischen Kühlhalle einer aufgelassenen Brauerei im Berliner Problembezirk Neukölln Premiere. Schon im Vorfeld hatte sein Hauptdarsteller Klaus Maria Brandauer im SPIEGEL selbstbewusst prophezeit: "Das wird ein Schiller-Woodstock in diesem Sommer in Berlin. Die Leute werden hinpilgern!" Und tatsächlich: Frenetischer Applaus am Ende dieses Theater-Exerzitiums, das Schauspieler und Zuschauer gemeinsam unter nicht unerheblichen körperlichen und physischen Qualen durchgestanden haben. Eine Schicksalsgemeinschaft feiert sich selbst.
Soldatenfolklore und Musikantenstadl-Kitsch
Schon zu Beginn steckt Walter Schmidinger, der mit effektvollem Tremolo in der Stimme den Prolog vom Blatt liest, das Terrain ab: es geht hier um die ganz alte Schule der Mimenkunst - Modernisierung, Aktualitätsbezug, Entrümpelung unerwünscht.
Was folgt, gibt zu schlimmsten Befürchtungen Anlass: "Wallensteins Lager" sieht aus, als habe man die Karl-May-Festspiele in den Winter verlegt: Durch knöcheltiefen Kunstschnee stapfen pittoresk gekleidete Soldaten (Kostüme: Moidele Bickel). Man zecht unter Tipi-artigen Zeltplanen, und wer etwas zu sagen hat, tritt heraus und nimmt um einen hölzernen Picknick-Tisch Platz. Selbst vor allerliebst sich balgende Kinderscharen ist Stein nicht zurückgeschreckt. Großes Schauspielertheater sieht anders aus, das hier ist Soldatenfolklore und Musikantenstadl-Kitsch auf Weihnachtsmärchen-Niveau.
Dann, nach mehr als zwei Stunden, Auftritt Wallenstein. Auf der inzwischen wohltuend aufgeräumten Bühne von Ferdinand Wögerbauer trifft der Feldherr mit seiner Gattin und seiner Tochter Thekla zusammen, die er seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Brandauer spielt ihn nicht unbedingt als Sympathie-Träger. Herrisch-entschlossen und gewohnt zu befehlen, geht er auch mit seinen Familienmitgliedern wenig zimperlich um. Da gibt es keinen Zweifel: Dieser Mann ist ein Macher, der weiß, was er will und der sich bei seinen kriegerischen Unternehmungen oft genug die Hände hat schmutzig machen müssen. Doch hat dieser Wallenstein auch seine Schwachpunkte.
Wallenstein in der Sackgasse
Obwohl durch und durch Stratege, vertraut er auf die Astrologie und glaubt an das Schicksal - ein Umstand, der ihm später zum Verhängnis werden wird. Auch bringt ein zartes Geschöpf wie seine Tochter oder die Attraktivität seiner Schwägerin, der Gräfin Terzky, die Elisabeth Rath grandios als berechnende, sich ihrer Ausstrahlung bewusste Strippenzieherin darstellt, durchaus eine weichere Saite in ihm zum Klingen. Diese schwer zu fassende Ambivalenz der Figur weiß Brandauer überzeugend darzustellen. Sein Spiel ist facettenreich und trotzdem nicht beliebig, auch wenn ihm der "Wallenstein" als Material offenbar nicht ausreichte. Er mischt seiner Figur zusätzlich noch eine Prise hamletsches Zögern und ein Schuss faustsches Streben bei.
Tatsächlich erweist sich der österreichische Großschauspieler, der sich zuletzt eher wenig inspirierend als Regisseur versuchte, als hervorragende Besetzung für die Mammut-Rolle. Wenn er auftritt, nimmt er die riesige Bühne voll und ganz in Beschlag. Seine Präsenz, besonders in den intensiven Szenen, in denen Wallenstein sich mehr und mehr in eine Sackgasse manövriert, ist enorm. Ebenso wie seine Fähigkeit, mit seiner Stimme zu spielen, die Schillerschen Verse zu modulieren und deren Bedeutung zu transportieren, anstatt die Worte nur vor sich herzutragen, wie es an diesem Abend leider allzu oft zu beobachten ist.
Reanimation statt Innovation
Mit jungen Menschen etwa, kann Peter Stein erkennbar wenig anfangen. So geraten die Liebesszenen zwischen Max Piccolomini und Thekla zum Gefühlsdebakel. Friederike Becht darf als Wallensteins Tochter zwar anfangs kokett sein und mit klarer Stimme ein schönes Lied singen, doch später ist sie nur noch hold und harmlos. Alexander Fehling verschwindet als der junge Piccolomini förmlich unter seiner frisch ondulierten Lockenperücke und findet zu keiner erkennbaren Haltung. Zu dieser uninspirierten Regie passt, was Stein vorab in einem Interview kundgetan hatte: Junge Leute seien zwar nicht interessanter, dafür sähen sie "einfach besser aus als Alte".
Bleiben die Leutnants, Generäle, Oberste und Feldmarschalls. Peter Fitz als Octavio Piccolomini, Daniel Friedrich als Graf Terzky, Rainer Philippi als Illo, Uli Pleßmann als Isolani und Jürgen Holtz als Buttler halten sich wacker in der sich erbarmungslos in Richtung Untergang abspulenden Dramaturgie Schillers. Stein versteht es, seine Einfahrt in den Schiller-Bunker dicht und zwingend zu choreografieren und den Bühnenraum intelligent zu nutzen. Doch das sollte eigentlich zum Handwerk eines jeden guten Regisseurs gehören. Schauspieler lobt man ja auch nicht dafür, dass sie sich so viel Text merken können, sondern dafür, dass sie es schaffen, der Figur etwas Eigenes mitzugeben.
Wenn am Broadway in New York eine Neuinszenierung eines alten Stückes herauskommt, spricht man von einem "Revival", einer Wiederbelebung. Es geht also von vorne herein gar nicht darum, etwas Neues, künstlerisch Eigenständiges zu erschaffen. Nichts anderes als so eine Reanimation ist letztlich auch dieser "Wallenstein". Dem Publikum scheint das zu gefallen, denn es wird nicht überrumpelt oder mit unangenehmen Analogien zur heutigen Zeit oder zum eigenen Leben konfrontiert. Alles ist erwartbar und hübsch geordnet.
Doch im Jahr 2007 darfs schon etwas mehr sein, denn schon Schiller wusste: "Eng ist die Welt und das Gehirn ist weit".

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Und am Ende sie selber tot. Damit der Film ihres Lebens wieder lebe: als Abbild ihres Lebens. Des wahren Lebens Preis? Aber wer die Kunst einen Menschen so darzustellen vernichtet, ist der Götter liebstes Opfer.

 

So einfach war das eben nicht.
Der, der diesen "Lebensfilm" damals machte, war eben nicht Redakteur des BR, sondern die Leute des BR (inklusive Intendant Ö.) schnitten und fügten hinzu, gegen seinen Willen, auf Drängen Romys,dh. H Meyens. Und der, der den Film machte, am Anfang seines Weges, danach selbst Produzent aller seiner Filme zu werden, damit sowas nicht mehr vorkommt, riskierte seine Zukunft, indem man ihm Hausverbot im Haussender BR erteilte -15 Jahre, bis zum Parsifal- und er wurde bedroht alle anderen Sender durch interne Information von jeglicher Unterstützung auszuschalten für alle seine Filme bei Produktion und Ankauf auf alle Zeiten.
( Berufsverbot, nach den DDR-Erfahrungen).

Die Schneereste wurden nicht einfach rausgeschmissen und am Ende Romy mit Sohn des Kunstvernichters ihres wahren Lebens angefügt. Dahinter liegen Kämpfe um alles oder nichts. Nicht nur dessen, der dagegen kämpfte, um das Bild der Porträtierten. Und die Urfassung tauchte nicht wieder auf, sondern wurde nach über 30 Jahren wiederentdeckt , aufbewahrt von mutigen Leuten im Haus und mit viel Mut gegen alle Regeln von Gerichtsurteilen wieder gesendet. Die die Ehres dieses Senders aus der Hand von Interessenten- der Produzent H. bekam einen Vertrag über 10 weitere Filme mitzumachen- retteten.

 

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Der Motekat-Schüler P.Stein
hatte Premiere in Berlin.
Erste Nachrichten vom Abend darauf.


Ein erschöpftes, aber doch animiertes und zeitweise auch gebanntes Publikum belohnte den Kraftakt vom Samstag bis in der Nacht zum Sonntag mit viel Applaus, vor allem für das Darstellerensemble mit «Wallenstein» Klaus Maria Brandauer an der Spitze, und dem grandiosen, mit Szenenbeifall bedachten Jürgen Holtz als General Buttler. Anerkennenden, wenn auch nicht übermäßigen Beifall gab es für Stein, der als Mitbegründer der Berliner Schaubühne am Halleschen Ufer (und späteren Lehniner Platz) vor allem in den 1970er Jahren in der Bundesrepublik Theatergeschichte geschrieben hat. Er wird am 1. Oktober 70 Jahre alt.
Zu den anderen Darstellern gehörten Elisabeth Rath als Gräfin Terzky, Peter Fitz, Friedericke Becht und Elke Petri. Den Prolog mit der Schlusszeile «Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst» sprach ein großer alter Mann des deutschsprachigen Theaters, der 74-jährige Walter Schmidinger.
Die Neugier der 1200 Zuschauer, darunter Altbundespräsident Richard von Weizsäcker, Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse, der Schweizer Schriftsteller Adolf Muschg und der Regisseur Claus Peymann, konzentrierte sich auf den 63-jährigen Brandauer, der im Sommer vergangenen Jahres in Berlin die «Dreigroschenoper» inszeniert hatte. Brandauers Wallenstein mit schulterlanger Lockenmähne, ganz in Schwarz gekleidet mit langem Ledermantel und Stulpenstiefeln (in der schweren Rüstung wird es später etwas eng für ihn mit der geschwellten Brust), hat starke, bewegende Momente - dazu gehört auch ein Kuss für den geliebten Max Piccolomini («Ich habe viele Tausend reich gemacht, dich habe ich geliebt.»).
Brandauer ist mal der geduckte Tiger, der zum Sprung ansetzt oder mit sich überschlagender Stimme über Treue und Verrat räsoniert. Dann ist er wieder der große Melancholiker, dem das Schicksal übel mitspielt, obwohl er sich doch selbst so gerne als den großen Spieler sieht. Und er ist der, der am Ende Opfer seiner eigenen Selbstüberschätzung wird, kaltblütig gemeuchelt und blutüberströmt als der einstige Liebling der Soldaten und mächtige Generalissimus von zwei Soldatenknechten über die Bühne geschleift.
Nach dem verschneiten Feldlager zu Beginn lässt Stein später vor leeren Bühnenhintergrund mit verschachtelten, in unterschiedlich grellen Farben leuchtenden Wänden spielen, die die Schauspieler besonders ins Licht rücken. Das Problem des Stückes bestehe in seinen Dimensionen und seiner Länge, habe schon Schiller selbst erkannt und auch eine gekürzte Fassung erarbeitet, betont Stein im Programmheft. Der Regisseur interpretiert dort viel in Schillers Drama hinein, so die Tragik der Unentschlossenheit in entscheidenden Momenten des Lebens, über Liebe, Treue und Verrat - «alle widersprüchlichen Empfindungen zu unserer Existenz spiegeln sich in diesem Stück wider».
Das herauszufinden, muss der Zuschauer aber «Sitzfleisch» haben. Und viel «Regietheater», wie es Stein in den wilden Aufbruchzeiten des Theaters der 1970er Jahre mitbegründet hat, ist auch nicht zu erkennen. Aber der (fast) «ganze Schiller» ist es allemal, mit zum Teil großen Darsteller-Leistungen - zu hören und zu sehen an jedem Wochenende in Berlin-Neukölln bis zum 7. Oktober.
1966 aufgen. in dem Film, als Porträt eines Gesichts bestellt. Wie sehr dieser Film dann zu dem ihren wurde, macht die Geschichte dieses Films erst wahr. Mit allen Änderungsversuchen des Lebens, das sich seinen Weg auf ihre Weise erfüllte.
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Selten wird mit solcher Härte zugeschlagen. Der Mann tot, der alles verursachte, der Sohn tot, der daraus entstand, sie selbst tot, die es zuliess. Was sonst täglich überall ungestraft geschieht, hier wurde es zum Gesetz. Wer die selbstgestellten Regeln seines Abbildes -sich der Wahrheitssuche von 3 Tagen Möglichkeiten des Ganzen, ungeschminkt und unverfläscht zu stellen- verletzt, kommt darin um. Und alle besonder Nähe und Art, die daran partizipieren, mit. Vielfach geschieht Übertretung täglich, diese sensible Tragödin der Weltdarstellungen aber, stand unter besonderem Gesetz. Durch Nähe ohne Netz. Wie sie es auf dem Theater suchte.

So wurde Oskar Werner als Symbol des überholten Theaters damals zu Fall gebracht. Die Schaubühne stieg als Gegenmodell der Moderne auf. Der Schwanengesang O.W.s im Hamlet vor seinem Tode war in seiner Melancholie ohne Gleichen. Der Hohn tödlich.

Peymann, der heutige Retter, flog damals raus. Misstrauensvotum anlässlich Handke(Ritt über den Bodensee)usw.