Blut
und Gehirnmasse markierten den Leidensweg
Selbst für brasilianische Verhältnisse waren die jüngsten Verbrechen
jedoch von außergewöhnlicher Brutalität. Dutzende verstümmelte
Leichname gefolterter Menschen fand die Polizei in gestohlenen Autos, die meisten
sind Opfer der Kriege zwischen rivalisierenden Drogenbanden. Schwerbewaffnete
Drogenhändler rasten durch einige Viertel der Nordzone und verbreiteten
Terror. Sie feuerten auf Polizisten und Angehörige der "Milizen",
bewaffnete "Selbstverteidigungsgruppen", die in vielen Favelas die
Drogenhändler vertrieben haben.
Zwei Nächte lang lieferten sich Spezialtruppen der Polizei und Traficantes
Feuergefechte in einem Favelakomplex im Norden von Rio. Die Zubringerstraße
zum Flughafen und die "Linha Amarela", eine der wichtigsten Verkehrsadern,
werden fast täglich wegen Schießereien vorübergehend gesperrt.
Doch kein Verbrechen hat die Stadt so erschüttert wie der Tod des kleinen
Joao Helio Fernandes. Seine Mutter war überfallen worden, als sie im Auto
vor einer roten Ampel wartete. Sie schaffte es nicht rechtzeitig, ihren sechsjährigen
Sohn aus dem Sicherheitsgurt zu befreien. Die Gangster schlugen die Autotür
zu und rasten mit Vollgas davon, während der Junge wie eine Puppe außen
am Auto hing.
Sieben Kilometer schleiften die Verbrecher das Kind durch die Stadt. Obwohl
Passanten die Insassen auf das Kind aufmerksam machten, fuhren sie weiter:
Der Kleine sei "so eine Art Judaspüppchen", amüsierte sich
ihr Anführer. Als sie den Wagen abstellten, hatte das Kind Kopf, Knie
und Finger verloren, eine Spur von Blut und Gehirnmasse markierten seinen Leidensweg.