Mittwoch, den 1. August
am Abend Versuch der Rep.

Ingmar Bergman

"Das meiste, was im deutschen Theater auf mich einstürzt, ist nicht totale Freiheit, sondern totale Neurose. Was soll den armen Teufeln denn auch noch einfallen, um das Publikum und vor allem die Kritik dazu zu bringen, auch nur die Augenbraue zu heben? Ein junger Regisseur erhält den Auftrag, Kleists 'Zerbrochenen Krug' zu inszenieren. Er selbst hat das Stück siebenmal in verschiedenen Fassungen gesehen. Er weiß, dass sein Publikum von Kindesbeinen an 21 Versionen gesehen und dass die Kritik sich durch 58 Fassungen durchgegähnt hat. Jetzt kommt es also darauf an, frech zu sein, wenn man sich profilieren will. Freiheit ist das nicht."

Als Edith Clever den Parsifal aufgenommen sich vorstellte, war sie eher enttäuscht, ihn anders als Bergmans Zauberflöte zu wissen. Später erst wurde ihr erkannte sie, was der Unterschied war und seine Folgen. Für die Monologe. Im Theater. Und für den Film. In Deutschland Und Europa.

Aber damit gewinnt man keine Privatflugzeuge auf Inseln irgendwo im Norden. Am Ende des Lebens.

SZ
Botho Strauß über Ingmar Bergman
Der Dostojewskigleiche
Er habe mehrere Valium-Tabletten genommen aus Angst vor meinem Besuch, sagte er. Als ich 1993 Ingmar Bergman traf.
Von Botho Strauß

"Die Dämonen nehmen mit den Jahren nur zu", sagte er. Und: "Erzähl von deiner Mutter. Wer war sie?" Es wurde ein leises langes Gespräch in seiner neuen Bibliothek, das Morgenlicht vom nahen Meer fiel durch die hohen Fensterschächte. Ich genoß seine und Ingrids Gastfreundschaft in dem Flachbau auf Fårö. Ringsum militärisches Sperrgebiet. Er hatte mir ein Privatflugzeug nach Tempelhof geschickt und holte mich zu Hause auf der benachbarten Insel ab.
Er habe mehrere Valium-Tabletten genommen, aus Angst vor meinem Besuch, sagte er freundlich. Auf der Fahrt zur Fähre zeigte er auf eine kleine Kirche: Dort lese er manchmal die Kritiken. Er hatte am Dramaten in Stockholm gerade "Die Zeit und das Zimmer" inszeniert. Ich wollte eine Penelope-Version für ihn schreiben. Jeden Nachmittag gegen drei Uhr stieg er in seinen Jeep und fuhr zu seinem Kino. Es war die umgebaute Mühle, in der die "Szenen einer Ehe" gedreht wurden. Er zeigte mir eine Rarität, eine frühe Verfilmung von Strindbergs "Vater", lauter Außenaufnahmen im Winter, die Schauspieler mit Atemfahnen vor dem Mund. Bildstrecke Ingmar Bergman: Szenen einer Karriere
Anschließend eine Tour zu den verschiedenen Drehorten seiner Filme, dort "Stunde des Wolfs", hier der "Abend der Gaukler". Überall die gleiche steinerne Grauheit. Für mich ist er der Dostojewskigleiche in der Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts. Ein Atheist, der vom Glauben wie von Dämonen heimgesucht wurde. Der stets von Angesicht zu Angesicht filmte und den Menschen sah wie in einem dunklen Spiegel.
Von Botho Strauß erschien zuletzt "Mikado", eine Sammlung von 41 kurzen Texten (Hanser Verlag, München 2006).
(SZ vom 31.7.2007)

In den deutschen Feuilletons schreiben die alten 68er-Kämpen. Sie sprechen vom Ende Europas oder des europäischen Kinos und verweisen auf Fellini, Antonioni, das Ende der Nouvelle Vague, Fassbindes Tod usw.
2004 was oben wieder steht war vor 3 Jahren alles vernicht auf der Grenze zu Sch.
worum ich Ingmar Bergman auf Farö beneide, dass, wenn dort am Morgen ein junger Baum zusammengebrochen liegt, er wusste, es war der Wind.
aber jedem Unheil wohnt auch ein Trieb zur Heilung inne, würden die Alten sagen
dachte gerade ihn als Fontane-
Baum- für alle
verschickt in jungen Jahren seiner Existenz das Bild in schweren Momenten mit Lutherzitat und wenn morgen die Welt unterginge heute noch einen Apfelbaum zu pflanzen. Wie kann ich ihn jetzt ohne Sorge alleine lassen.
eben scherin der Morgen noch rein von Schatten der Nacht , dann ging der gewohnt Blick aus dem Fenster sich im Unheil verhacken.