Bernd Schultz, Geschäftsführer
des Auktionshauses Villa Grisebach, protestiert heftig gegen die Einstufung
von Ernst Ludwig Kirchners Gemälde "Berliner Straßenszene"
aus dem Brücke-Museum als Raubgut. Er hat den Verdacht, dass beim "eilfertigen
Entgegenkommen" des Berliner Senats an die Erben des Kunstsammlerpaares
Hess "das wohlbekannte Phänomen des deutschen 'Schuldstolzes' eine
tragische Rolle gespielt hat". Das Bild ist inzwischen in New York, wo
es am 8. November bei Christie's versteigert werden soll.
Tageszeitung,
04.11.2006
Aus dem Novemberheft des Merkur wird ein Aufsatz von Herausgeber Karl-Heinz
Bohrer nachgedruckt, in dem dieser, den Fall Grass mit Freude verallgemeinernd,
die Wortführer der 68er-Generation nachträglich als die braven Nazis
erkennt, die sie unter anderen Umständen geworden wären: "Das
brachte einen zu dem nicht sarkastisch gemeinten Verdacht, dass Leute mit Öffentlichkeitsdrang
diesen unter jedem Regime zur Geltung bringen. Man kann zum Beispiel mit Sicherheit
darauf setzen, dass viele der Wortführer der Gremienuniversitäten
und der Medien die gleiche Mischung von Betulichkeit, Gehorsam und Reform, die
sie so penetrant und einschüchternd verbreitet haben, auch damals verbreitet
hätten. Der Idealismus der ehemaligen BDM-Führerin blieb wiedererkennbar
bei solchen, die später im Grünen grasten."