SPIEGEL ONLINE - 03. März 2006, 07:15
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Nahost
 
USA wollen Hamas isolieren
Unmittelbar vor den Gesprächen mit der russischen Regierung in Moskau hat die Hamas klargestellt, dass sie weiter gegen die Anerkennung des Staates Israel ist. Die USA kündigten derweil an, die palästinensische Regierung unter Führung der islamistischen Organisation finanziell und politisch isolieren zu wollen.
Moskau/Washington - "Die Frage einer Anerkennung ist geklärt", sagte Hamas-Vertreter Mohammed Nassal heute vor Journalisten in Moskau. Die Delegation warf Israel vor, die Vorgaben des internationalen Nahost-Friedensplans zu verletzten. Nicht die Position der Hamas zur Roadmap sei das Problem, sondern diejenige Israels, sagte Delegationsleiter Chaled Maschaal am Freitagmorgen kurz nach der Ankunft am Flughafen Scheremetjewo-2. Israel habe die Roadmap "praktisch abgelehnt".
Die Hamas wolle den Frieden in der Region, doch dafür müsse Israel die Besatzung der Palästinensergebiete beenden, Maschaal fügte hinzu: "Für uns sind Kontakte zur internationalen Gemeinschaft wichtig, und wir sehen unseren Besuch in Moskau, der Hauptstadt einer Großmacht, als den Beginn solcher Kontakte an."
Es sind die ersten Gespräche mit einem im Nahost-Friedensprozess engagierten Land, seit die Hamas im Januar überraschend die palästinensischen Parlamentswahlen gewann. Russland ist einer der vier Vermittler, die den Nahost-Friedensplan, die so genannten Roadmap, ausarbeiteten. Anders als die USA
und die EU betrachtet Moskau die Hamas aber nicht als terroristische Organisation.
Die USA wollen die palästinensische Regierung unter Führung der Hamas finanziell und politisch isolieren. Ziel der US-Strategie sei es, der Hamas die Regierungsarbeit "enorm" zu erschweren, sagte der Nahost-Beauftragte im US-Außenministerium, David Welch, vor dem US-Kongress. Washington rate allen Regierungen von Kontakten zur Hamas ab: "Isolierung und Druck" seien die wesentlichen Elemente der US-Strategie, sagte Welch.
Die palästinensische Autonomiebehörde zahlte nach Angaben Welchs einen Großteil einer im vergangenen Jahr bewilligten direkten US-Finanzhilfe in Höhe von 50 Millionen Dollar zurück. Bis Mittwoch hätten die US-Behörden 30 Millionen Dollar erhalten, sagte der US-Diplomat. Washington hatte das Geld nach dem überraschenden Sieg der Hamas bei den palästinensischen Parlamentswahlen im Januar zurückgefordert.
als/reuters/afp
 
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