Aus Jerusalem berichtet Alexander Schwabe
Mehr als 50 Menschen tot, darunter 37 Kinder. Das Blutbad von Kana im Südlibanon
wird in Jerusalem ganz unterschiedlich aufgenommen: Menschen im israelisch
dominierten Westen der Stadt geben sich gleichgültig, Menschen im arabischen
Osten zählen die Opfer.Jerusalem am Sonntagnachmittag, wenige Stunden
nachdem ein israelischer Angriff in der südlibanesischen Stadt Kana mehr
als 50 Menschenleben auslöschte, davon 37 Kinderleben: Die Menschen stecken
im Verkehrsstau fest und sind froh, dass sie in ihren klimatisierten Mittelklassewagen
nicht der Hitze ausgesetzt sind. In der Fußgängerzone im Zentrum
das übliche Treiben, im Unterschied zu früheren Hoch-Zeiten palästinensischer
Selbstmordattentäter sind die Cafes und Bars wieder gut besucht.
KANA: TRAGÖDIE UM HALB ZWEI IN DER NACHT Klicken Sie auf ein Bild, um
die Fotostrecke zu starten (8 Bilder). Dass das Land in einer kriegerischen
Auseinandersetzung ist, dass der Norden unter ständigem Katjuscha-Beschuss
durch die im Libanon sitzenden schiitischen Gotteskrieger steht, dass die große
Offensive im Gaza-Streifen anhält, von all dem ist hier nichts zu spüren.
Die Menschen scheinen sich diese Wirklichkeit vom Leib halten zu wollen, mindestens
solange, bis sie nicht selbst betroffen sind vom Krieg, der im sicheren Jerusalem
in erster Linie ein mediales Ereignis ist.
Angesprochen auf den grausamen Schlag der Armee gegen die libanesischen Zivilisten
reagieren die meisten mit Schulterzucken. Die Menschen scheinen abgestumpft
ob der ständigen Horrornachrichten in dieser Region seit Jahrzehnten.
Selbst wenn nahezu 40 Kinder sterben auf einen Schlag, wenn das Grauen nicht
mehr übersehbar ist, wird dies in Jerusalem als eine Nachricht fast wie
jede andere aufgenommen.
Es sind nichts als Zahlen. Wenn er damit auf seinem Gang durch die Ben Jehuda
Straße konfrontiert wird, lächelt Joe Benjamin. Nichts als Zahlen,
bedeutet sein cooles Lächeln, nichts was beunruhigen sollte. Der 21-Jährige
orthodoxe Jude ist Amerikaner und lebt gewöhnlich in Miami/Florida. Doch
diesen Sommer hat er sich frei genommen, um für ein paar Monate als Ambulanzhelfer
in Israel auszuhelfen. Er liebt diesen Streifen Land im Nahen Osten und identifiziert
sich vollkommen mit dem Staat Israel.
Das
kommt davon, wenn man seine Kinder erzieht als ewige und grösste Opfer,
dass sie dann alles dürfen, damit auch die anderen Leid erfahren. Wie
viel weniger als ihr, die unvergleichlichen, wie man sie gelehrt. Über
9o % von ihnen stehen dahinter, liest man. Also alle vor Gericht. Wir dürfen,
müssen
das sagen. Was sonst hätten
wir gelernt.
Von der Achse Washington
Tel Aviv wissen nun alle. Wir hätten es selber wissen können, schon lange.