Sonnabend, den 22.April
Nach dieser Exposition wird aber unser hedonistischer und egoistischer Schwuler geläutert, vom nahenden Tod abgeschmackterweise. Was die Sache nicht besser macht. Erst trifft er sich mit seiner herrlich unkonventionellen Großmutter, dargestellt von der natürlich großartigen Jeanne Moreau, was aber das Konzept der herrlich unkonventionellen Großmutter auch nicht viel besser macht. Dann begegnet er einer Raststättenbedienung (Valeria Bruni-Tedeschi), die ihn rätselhaft anschmachtet. Es stellt sich heraus, dass sie und ihr zeugungsunfähiger Mann einen gut aussehenden Typen wie ihn suchen, der ihr ein Kind macht. Der todgeweihte Fashion-Fotograf freundet sich mit der Idee an, einen Erben auf der Erde zu hinterlassen. So weit, so immer noch Udo Di Fabio.
Aber nun kommt eine wirklich tolle Szene: Das Kind wird gemacht. Sie schläft mit Romain, der schläft mit ihr, aber zugleich mit ihrem Mann, der wiederum auch mit seiner Frau schlafen will, wenn das eigene Kind entsteht. Ozon gelingt diese überdeterminierte Dreier-Szene wider alle Erwartungen, die die bisher in diesem Film herrschende Lustverteufelung gepflanzt hat. Man sieht tatsächlich einer echten mitreißenden Koproduktion von unterschiedlich motivierten Liebenden zu, deren Körper sich in Lust, Liebe und von sonstigen Motiven angestiftet sich gezielt verschlingen und zugleich clumsy und ungeschickt bleiben, ungeschützt und rührend und dann auch wieder sexy. In diesen Bildern ist eine postfamiliäre Utopie tatsächlich für kurze Zeit sichtbar, auch wenn Ozon zugleich die Deutung offen hält, dass hier nur ein reicher todkranker Schwuler von einem Hetero-Ehepaar ausgebeutet wird, das sichzu dem noch ein nettes Erbvermögen für sein ungeborenes Kind sichert. Doch ihre Blicke für Romain, Romains Augen für sie und ihren Mann, die plötzlich stimmige Körperlichkeit eines scheinbar ausgedachten und an den Haaren herbeigezogenen Arrangements vermögen diesen Verdacht realistischerweise eben genau für die Zeit des sexuellen Aktes
außer Kraft zu setzen.
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