Wird er nun den Oskar zurückgegeben, denen zu widmen, die verraten um ihr Leben und Werk, im Sand des Betriebes untergingen. Mord um des Werkes willen, ein schönes Motiv, schon erfand er die Rettung des Freundes durch Betrug, eben wieder, wenn nur die Kunst besser wäre um die es ging. Die Überlebenden der Katastrophen erscheinen als Richter der Welt höchst ungeeignet. Das Opfer ist systemimmanent. Als Kolaborateur ist der Name Quisling ein Begriff, nun haben wir einen neuen.

Mittwoch, den 1. Februar
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Liebe und Wertschätzung
István Szabó
Die Enthüllung, daß der Regisseur István Szabó als Student 1957-63 mindestens 48 Spitzelberichte über Professoren und Kommilitonen geschrieben hat, besitzt für Ungarn soviel Sprengkraft, als würde hierzulande bekannt, daß Günter Grass für die CIA gearbeitet habe.
Neben Imre Kertész ist Szabó das kulturelle Aushängeschild seines Landes und war einer der wenigen Ostblockkünstler, der vor der Wende im Westen einen Namen besaß und dessen Ruhm sich danach noch mehrte; das Interesse an den meisten erlosch, sobald sie ihre Dissidentenrolle verloren.
Szabó jedoch machte 1990 den richtigen Karriereschritt ins englischsprachige Ausland. Der Lohn waren Preise von Cannes bis Berlin. Man ist jetzt versucht, auch sein Anheuern als Spitzel mit 19 Jahren als den richtigen Schritt zum Vorwärtskommen zu werten; mit neun anderen wurde er - Monate nach dem Ungarnaufstand - unter 500 für einen Studienplatz an der neu gegründeten Akademie für Theater und Filmkunst ausgewählt.
Szabó hat damals u.a. Berichte über seine Kollegen Miklós Jancsó und Márta Mészáros geschrieben und ihnen attestiert, daß sie zwar verrückt, aber im Grunde harmlos seien - was denen nicht unbedingt geschadet, sondern sogar Freiräume bewahrt haben könnte. Trotzdem bleibt festzuhalten, daß in den folgenden Jahrzehnten Verbote zwar Filme von Jancsó und Mészáros trafen, aber keinen einzigen von Szabó; auch seine jüdische Herkunft hat er erst mit "Ein Hauch von Sonnenschein" zehn Jahre nach dem Ende des Kommunismus thematisiert. Szabós ursprüngliche Erklärung, er habe mit diesen Informantendiensten einen Freund vor dem sicheren Galgen gerettet, hat der Regisseur inzwischen korrigiert: "Ich habe mich selbst gerettet."
Drei Tage nach Bekanntwerden seiner Spitzeltätigkeit haben gestern 100 (links-liberale) Intellektuelle ihre "Liebe und Wertschätzung" für Szabó bekundet, "der seit 45 Jahren für uns großartige und wichtige Filme macht". Zu den Unterzeichnern gehört Miklós Jancsó. Eine erstaunliche Reaktion. Findet Aufarbeitung der Vergangenheit in Osteuropa tatsächlich kaum statt, oder bekommen wir sie nur nicht mit?
Szabós Werk jedenfalls werden wir nun mit neuen Augen sehen müssen: "Mephisto", "Oberst Redl", "Taking Sides" - überall geht es um das Verhältnis der Intellektuellen zur Macht... Hanns-Georg RodekArtikel erschienen am Di, 31. Januar 2006
Dort aber lebte jemand von der Arbeit am Gewissen und gewann sich damit Aufmerksamkeit. Gründgens, Furtwängler als Fall des Gerichts, wer erinnert sich nicht an die Penetranz des besserwissenden Richters der Sieger, vor den Meistern ihrer Kunst in der Prüfung der Geschichte mit grossen Rettungsgeschichten, platt und impertinent an die perfide Öffentlichkeit gezerrt, nun zur Lüge der Gerechtigkeit avanziert. Nicht nur die Machwerke dieses Richters sind lächerlich, sondern alle begleitenden Zeigefinger hoch zur Mahnung zeigen umgebrochen auf ihn selbst. Wir erinnern an die Genialität Kleists, den Richter Adam selbst als Täter zu zeigen, der sein eigenes Urteil zu suchen und zu finden hat. Und das alles als Komödie eines Dorfes mit alltäglicher Ausstattung. Am Schluss sehen wir ihn vom Teufel seines Ichs in dierWelt gejagt über die Felder zu neuen Taten.
Aus eigener Geschichte wissend, was zu tun ist und was nicht und notfalls die Konsequenzen gezogen. Schon am Anfang. Das Lügen meidend, mit Verrat auch der anderen. Bis am Ende zum Verstummen auf dem Markt der Öffentlichkeiten, wenn dieser vergiftet, dies zur Bedingung stellt, noch mitzumachen. Kein Verdienst der Erfindung , das machten schon andere gerade hier, durch frühen Tod oder Flucht ins Umnachtung. Manchmal erreicht der Durchblick einen Grad , der anderes nicht möglich machte.
Was da rauskommt, ist kein Kavaliersdelikt in der Kunstszene.
Früher und in seinen Geschichten nahm der Verräter die Pistole. Nach der Wende in Deutschland dienten sich gerade die ehemaligen Spitzel und Denunzianten an erster Stelle den neuen Mächtigen sofort an. Aber solange als Gutmensch und frech hat es noch keiner getrieben?