Von: hjs@syberberg.de
FAZ


Betreff: Re: Re: Re:
Datum: 4. April 2005 17:03:34 MESZ
An: benyahia@liberation.fr
Von: hjs@syberberg.de
Betreff: liberation hjs/Untergang schriftliche FRAGEN antworten per email 16. dezember 04

nein ich schimpfte nicht, ich war sprachlos und in anderen Dingen beschäftigt. Nun, so nach dem Echo aus DL muss ich reagieren. Gut orientiert?

HJS zu Untergang/Eichinger:
" Geistesgeschichtlich ein neuer Schritt","bravourös spielend". konsequent ...und mutig...",
'Hält jeder antiken Tragödie stand(Tragödie der Kinder Goebbels)'...usw


gegen:"..bemängelt fehlende Distanz","schimpft den Film ein Fertigprodukt zum Angebot auf dem Verbrauchermarkt mit einem tüchtigen Hitler, der in seinem Bunker nochmals das Heilige Römische Reich auferstehen lasse.."
Ich hoffe nicht, dass das so in Liberation steht?

Zu Ihren Fragen.
Es ist richtig, als ich meinen Hitlerfilm vor 27 Jahren machte, sagte ich, dass man einen Menschen, der sich so sehr im Film wie dieser Hitler in der Realität präsentierte, nicht spielen kann, ohne schlechter zu sein, denn er war ein Meister der Selbstdarstellung. Und ich sagte, gerade in seinem Ende ist er nicht darstellbar ohne eine gewisse Empathie, also ein Mitgefühl mit der endenden Kreatur, was der richtenden Kunst in diesem Fall des Elends nicht zukomme.
Einen Film machen mit Thema Hitler, der selbst nicht auftritt war die Aufgabe, damals, die selbstgestellte. Durch die Schule Brechts wusste ich etwas von der Distanz zur Geschichte und den Figuren, um sie so ehrlicher zu machen. Von Kleist hatte ich das Wissen von den Puppen, dass sie wahrhaftiger sich bewegen, zentraler unser Wesen sein können als die realen Darsteller. So löste ich das Problem in dem Hitler und seine Leute in verschiednen Brechungen als Puppen auftraten, aber so, dass man immer den sie führenden Menschen, der dazu sprach uns sie führte, sah. Nur einmal erschien Hitler in menschlicher Gestalt von einem Schauspieler dargestellt: und zwar aus dem Grab Richard Wagners aus dem Orkus kommend, mit einer Rede an die heutigen, in antiker Toga und zur Musik des Rienzi von R.Wagner, nach dem Bild von G. Dore's Höllenbilder zu Dante erzählt. Da hatten wir dann die ganze Geschichte Europa am Ende im Film, aber wohl nicht für viele.
Den Film organisierte damals als Leiter der Produktion Bernd Eichinger, der schon den Karl May als junger Absolvent der Filmschule in München gerettet hatte. In die Produktion begleitenden Gesprächen sprach ich von meiner Entscheidung ohne Hitler als reale Person im Film zu denken. Dabei gab es auch die Überlegung, dass das Ende des Reichs wirkungsvoll darzustellen sei, wenn man die letzten Tage und alles an einem Ort, unter der Erde im Bunker auf die Person des Urhebers konzentrierte. Keine Rückblenden von den Triumphen, keine Einfügungen von Auschwitz, allein ihn und sein Ende und darin das Ende Europas. Eichinger hörte gut zu und dachte an die Nibelungen mit dem niederbrechenden Walhalla - der Götter, würde ich sagen -. Später, und für ihn, dachte, sagte ich und empfahl ihn der Geschichte, die ihn nun einholte.
Nun hat ers gemacht. Genauso und mit Bruno Ganz als Darsteller des Hitler, den ich damals wollte, als zentrale Figur , wie sie später Andre Heller als alter Ego des Autors in Wiener Variante wurde. Mit Ganz hätte der Hitlerfilm aus Deutschland 1977 mehr von dem 1968 der Schaubühnenwelt des europäischen Theaters gehabt und der ganze Film selbst hätte noch ganz anders sein können. Nun kam es so. Bruno Ganz als Hitler bei Bernd Eichinger 27 Jahre danach, das Ende des heiligen Reichs deutscher Nation im Bunker eines Hitler bravourös spielend, dort wo vor fast 200 Jahren der Faust uraufgeführt wurde, im Palais der Fürsten Radziwill, das später Reichskanzlei wurde, zuerst bei Bismarck und dann bis Hitler.
Warum die aktuellen Aktivitäten zum Thema Hitler boomen. Das scheint nur so. So sagten sie schon vor 27 Jahren als J. Fest sein Buch herausbrachte, dann den Film, vorher Speer 's Erinnerungen und all die anderen, als gäbe es eine Zunahme aus Geschäft und Interessen. Solange dies Rätsel jener Erscheinungen mit Schweigen verbunden ist, wird es weiter gehen, in immer neuen Unruhen, wie es mit allen seelischen Phänomenen geschieht, im Leben der Einzelwesen, wie in der Geschichte. Hitler sells, wie sex, nicht, weil er gut konsumierbar wäre, macht er Geld, aber, weil die Menschen etwas wissen wollen, was noch nicht gesagt ist. Immer wieder. Der Untergang - eigentlich des Abendlandes -, den Eichinger nun machen liess, ist, abgesehen von dem Tribut an die Zeit in der vor- und nachgeschnittenen Sekretärin ohne Quellenwert, weil hirngewaschen, geistesgeschichtlich ein neuer Schritt etwas neu zu ertragen, mit den Mitteln des Kinofilms, nicht nur wie Hybris heute aussieht, wenn sie fällt, oder wie auch solche Phänomene Menschen sind, sondern auch teilzunehmen an dem Ende einer Kultur, das nun so aussieht. Allein die Tragödie der Kinder Goebbels darin hält jeder antiken Tragödie stand und wurde bis nie ernst, das heisst sinnlich wahrgenommen, wie so vieles.
Das alles ist aber weit weg. Heute könnte man mich im Internet treffen, wo die täglichen Filme meiner Heimkehr an den Ort der Herkunft und Geburt als Bilder und Texte mit dem Oeuvre des bisherigen Lebens verschmelzen unter WWW.Syberberg.de. Mit Teilnehmern, Besuchern(ca 3000 täglich und insgesamt 2 500 000 bisher), wie nie zuvor in all den Jahren der Filme und Bücher und Theater. Jenseits der Medien und Geschäfte einer untergegangenen Welt. Manchmal treten diese Bilder und Gedanken in Worten oder Tönen der Musiken aus diesem kleinen Ort in Pommern dann an anderen Orten auf, wie Paris im Centre Pompidou 2003 oder in Verbindung mit Brüssel, anlässlich der Restaurierung der Kirche in diesem März 2004, oder demnächst vielleicht wie geplant in Italien (auf der Insel Procida im Jahr 2005) oder sonst wo, in Räumen projiziert oder in Relikten ausgestellt, auch der anderen Orten wir zu Haus, wo der Kosmos der Herkunft sich verbindet mit dem erweiterten heutiger Möglichkeiten ganz global. Als Geist dann einer anderen Welt in neuer Form und in der Technik unserer Zeit, wenn wir sie richtig nutzen.


nach rückfragen ergänzungenzu 1)
ich meinte: Heller war als andere Möglichkeit von mir als Erzähler der Geschichte gemäss seiner Art und Herkunft eine Wiener Variante meiner Möglichkeiten.
2)
Diese durch den Film hindurchführende war ursprünglich mit B.G. diskutiert worden. Er konnte dann nicht.
3)
Dieser Film in seiner Absicht, die Geschichte der letzten 10 Tage des Reichs im Bunker zu erzählen, ist konsequent durchgeführt und in seiner selbstgestellten Aufgabe mutig gewesen.
4)
Ob das gut ging, wofür die Hersteller, vom Darsteller bis zum Produzenten, sicher vor 2o oder 3o Jahren gesteinigt worden wären und wurden, auf mediale Weise, konnte man nur spekulieren. Vielleicht ist Israel, als Hauptpartner im Dialog der deutschen Geschichte dieses Teils, im Augenblick selbst sehr mit sich beschäftigt und moralisch weltweit in gewisser Defensive, so dass man dort keine Aufmerksamkeit fände, wenn man hier neue Schlachten schlüge, um sich gute Punkte zu holen. So hat jedes seine Zeit, und die Wahrheit auch ist nicht immer absolut. Jetzt ist diese möglich und Eichinger hat das genutzt. Für alle gut. Als Erkenntnis der Historie ist es die der Tragödie, die die Theater nicht mehr wagen. Als Faktum der Erben haben wir sie zu tragen.
Noch ein Nachtrag am Ende für den Teil meiner heutigen Arbeiten(Paris-Brüssel-it.Pläne)
Als ästhetisches Versuchsfeld für derartige virtuellen Auftritte in einem Raum mag jene Höhle der Erinnerung im Rahmen der documenta X (1997) gelten, wo 31 Filme projiziert wurden. Das nun heute in Verbindung mit dem Internet und Webcams technisch für jeden Ort speziell variiert und aktualisiert wird.Am 04.04.2005 um 11:14 schrieb Odile Benyahia:
In diesem Artikel von Libération die seit 3 Monaten in ihrem Webseite steht, schimpfen Sie gar nicht. Es ist eine Frage der Interpretation. Die Beschreibung von filmrecht.de scheint mir sehr orientiert zu sein. Ich habe die übersetsung von fast alles xas Sie mir bei e-mail geschrieben haben an der Redaktion geschickt. Aber wenn Sie wollen kann Ich natürlich ihnen mit dem Chef von unserem Feuilleton, der der Texte bekommen und bearbeitet hat in Verbindung setzen. Er heißt Antoine de Baecque, hat die Biographie von Truffaut geschrieben, und ist unter a.de-baecque@liberation.fr zu erreichen. Tel 0033142761951.
Mit freundlichen Grüßen
odile Benyahia


Nicht Eichinger, sondern ich bin betroffen. Das, was da steht habe ich nie gesagt, es ist ein Fälschung, wenn in Liberation das steht, was ich jetzt im Echo aus Dl lese. Die freien Gedanken der anderen in meine Form gegossen und unter meinem Namen publiziert, wie würden Sie das nennen. In der Wirtschaft(Kassenwelt), die Sie zitieren, ist das Betrug und einklagbar. HJS

Am 04.04.2005 um 10:11 schrieb Odile Benyahia:
lieber Herr Syberberg,
ich verstehe eigentlich nicht warum herr Eichinger so genervt ist. Er hat eigentlich dank der farnzösische Presse Kasse gemacht. Hätten wir nur ganz kleine Rezenssion geschrieben (vielleicht wäre es besser gewesen) hätten nicht so viele Leute den Film gesehen. Die Gedanken sind frei, oder?
liebe G
odile
liebe frau benyahia,
schon nach erscheinen der lib. im januar war mir bewusst, was da falsch wiedergegeben ist. jetzt kriege ich vom büro eichinger die aussendung des presseechos in frankreich. das kann nicht so bleiben. meine korrektur bei eichinger selbst ist nur ein teil und seine reaktion in der autorisierten veröffentlichung meiner version zu ihren fragen. sie müssen in paris etwas tun und bei der lib. bewirken, dass hier eine korrektur geschieht. ich will nicht klagen, und überlasse der zeitung eine berichtigung, vielleicht in verbindung mit der demnächst geplanten sendung meines h- films in fr.5. muss nicht sagen, dass ich traurig bin, gerade in frankreich so etwas zu erleben und mich von denen in dl entschuldigren zu müssen. gruss hjs
katze auf dem arm, kann nur einhändig schreiben

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Odile Benyahia-Kouider
Korrespondentin
Libération
Marienstraße 19/20
10 117 BERLIN
Tel: (030) 28 48 22 68
Handy: 0172-380 22 63--
Odile Benyahia-Kouider
Korrespondentin
Libération
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10 117 BERLIN
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TV5 Frankreich, Montag, den 4.4.05 Ankündigung Hitlerfilm verschoben auf 7.Donnerstag/Freitag
SPIEGEL Montag, den 4.4.05
Der Spiegel

Dienstag, den 5.4.05

Alltag
Mail/ Zeitungen/TV in Frankreich/ DVD Produktion im Hause

wie überleben anders

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wer hat denn da seine Hausaufgaben noch immer nicht gemacht
Das Ende der Nacht( Platte 8)