Home > Reise > Kurztrip 30. August 2005
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PEENE
Paddeln auf dem Amazonas des Nordens
Alte Flussarme, Auenwälder und Niedermoore - die idyllische, noch unberührte vorpommersche Peene ist ein Naturparadies. Auf dem rund hundert Kilometer langen Fluss begegnen Paddler Bibern, Seeadlern und Eisvögeln, doch nur wenigen Menschen.
Demmin - Der Kuckuck ruft, der Biber raschelt im dichten Schilf, und Libellen schwirren über Seerosenfelder. Auf der Peene in Mecklenburg-Vorpommern sieht so mancher Paddler Tiere und Pflanzen, die er bis dahin allenfalls aus dem Biologiebuch kannte. Menschen hingegen begegnet er auf dem Fluss im äußeren Nordosten Deutschlands kaum. Die rund hundert Kilometer lange, von den Anwohnern "Amazonas des Nordens" genannte Peene teilen sich wenige Freizeitschiffer mit einigen Ausflugsdampfern und Fischern. Für Paddler ist das vorpommersche Naturparadies ein ideales Revier.
GMS
Peenetal: Der "Amazonas des Nordens" ist Rückzugsgebiet für bedrohte und seltene Pflanzen und Tiere Aus den grünen Hügeln der Mecklenburgischen Schweiz kommend, schlängelt sich der durchschnittlich 70 bis 80 Meter breite Fluss in unzähligen Windungen durch abgeschiedene Wälder, blühende Wiesen und stille Auen. Vor der Haffmündung bei Anklam durchstreift er das größte zusammenhängende Niedermoorgebiet Europas. Hinter Anklam durchfließt die Peene als breiter Strom das Achterwasser vor der Insel Usedom und fließt bei Peenemünde in die Ostsee.
Auf ihrem Weg vom Landesinneren zur Ostsee hat die Peene lediglich 30 Zentimeter Gefälle. Kein Wehr und keine Schleuse behindern die Fahrt. Stattdessen müssen Wasserwanderer mit einem anderen Phänomen rechnen: Bei Ostseehochwasser oder anhaltendem Ostwind fließt der "Amazonas des Nordens" bergauf.
Fernab von Lärm und Hektik können Aktivurlauber per Faltboot oder Kanadier lautlos über das Wasser gleiten und seltene Sumpf- und Wasserpflanzen bestaunen: Seerosen, Trollblumen, Orchideen, Waldmeister und Wasserlilien. Eine Schwanenfamilie schwimmt vorbei, Seeadler und Milan kreisen durch die Lüfte, Blaukehlchen, Beutelmeise und Eisvögel fliegen durchs grüne Uferdickicht.
Hansestadt im Dreistromland
Die 40.000 Hektar große Flusslandschaft ist Rückzugsgebiet für bedrohte und seltene Pflanzen und Tiere. 156 Brutvogelarten wurden an der Peene registriert, 40 davon stehen auf der Roten Liste. Deshalb wurde das Peenetal zum internationalen Vogelschutzgebiet erklärt. 23 Biber wurden vor rund 30 Jahren von der Elbe an die Peene gebracht - und haben sich seitdem stark vermehrt.
GMS
Paddler bei Loitz: Eine Woche kann eine Kanutour dauern
"Jeder, der sich auf und um die Peene bewegt, um sich dort an der Schönheit der Natur zu erfreuen, sollte sich so verhalten, dass er diese Einzigartigkeit nicht durch Lärm, zu nahes Vordringen zu Tieren und Schilf oder Hinterlassen von Abfällen stört", sagt Anja Valentien, Sprecherin des Regionalen Fremdenverkehrsverbandes Vorpommern.
In den Städten entlang der heute von Berufsschiffern kaum genutzten Bundeswasserstraße künden weithin sichtbare Hafenspeicher von einst regem Handel per Wasser. So verdankte etwa die Hansestadt Demmin ihrer Lage im "Dreistromland" von Peene, Tollense und Trebel über Jahrhunderte beachtlichen Wohlstand und politische Macht. Jetzt ist der Landkreis Demmin mit einer Arbeitslosenquote von 27 Prozent eine der wirtschaftlich schwächsten Regionen bundesweit. Vom Wasser aus lassen sich in Vorpommern auch eher altertümlich anmutende Berufe entdecken. Die 1887 gebaute Drehbrücke in Loitz etwa wird mehrmals täglich mit Muskelkraft für die Schifffahrt geöffnet. Sie gilt als eine der wenigen noch funktionstüchtigen Handdrehbrücken Europas, soll aber in den kommenden Jahren durch einen Neubau ersetzt werden. Etwas weiter nördlich, in Stolpe, gibt es eine handbetriebene Seilfähre. Der Fährmann wird mit einem Gong vom anderen Ufer gerufen.
Die Peenetour dauert ungefähr eine Woche. Kanustationen und Reiseveranstalter bieten auch geführte Gruppentouren an. Sieben Millionen Euro sind nach Angaben des Schweriner Wirtschaftsministeriums in neue Wasserwanderrastplätze investiert worden.
Von Sophia-Caroline Kosel, gms


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