Unter den Heeren von Menschenbewegungen des 20 Jahrhunderts
– der Vertriebenen, Flüchtenden, Zurückkehrenden- sind diejenigen, die als Enteignete in Deutschlands Osten und nach dem Fall der Mauer zurückkamen, obwohl nicht gebeten, rechtlich nicht instand gesetzt und eher scheel beäugt,
eine interessante Gruppe. Kulturträger von einst, entrechtet noch immer und in alten Gehäusen oder Umfeldern ohne Nutzungsaufgaben in veränderter Landwirtschaft der dörflichen Slums verlorener Landschaften, was einmal der Stolz der gesellschaftlichen und kulturellen Vergangenheit war.
Als Erbe solcher Geschichte begann ich vor zwei Jahren in das frühere Dorf der Kindheit zurückzukehren und das, was übrig war, vom Gut des Vaters, nämlich das Haus der Geburt noch mal bewohnbar zu machen. Daraus ergaben sich neue selbst gestellte Aufgaben im Zusammenhang des Ortes und der Geschichte, von denen man annehmen kann, sie seien von allgemeinem Interesse und einer zu unterstützenden Untersuchung wert.
Aus diesem Müllhaufen der Geschichte enteignetem Kulturerbes und seiner ländlichen Strukturen, der Verelendung der Bevölkerung aus alkoholisierten Sozialhilfeempfänger und hoffnungsloser Kinder mit einigen Nutzniessern aus alten LPG- und nun neuem EU–Förderungssystemen, jene Topographien zu transformieren, dass sie zu neuem Sinn und Formen werden, ist hier zum Gegenstand der Aktivitäten und Beschreibungen geworden.
I Seit meiner Annäherung an diese Situation(2000 bis Nov.2002 WWW.Syberberg.de Seiten 1-3, inkl.Werkzitate) und dann nach der Überrnahme aktiv wieder von November 2002(Seite 4) an entstand eine Dokumentation, zunehmend als Tagebuch im Internet mit täglichen Bild- und Text-Eintragungen, die die dortigen Geschehnisse im Auf und Ab mit historischen Vergleichen und Plänen für die Zukunft, im Werdegang der Rekultivierung des Hauses der Herkunft beschreiben. Das Ganze ist fortlaufend ein Artefakt, Gegenstand der Projektionen (im Centre Pompidou, Mai-Juni 2003 und Brüssel 2004 und demnächst in Italien 2005) als Raum und im Internet mit inzwischen täglich zwischen 2 – 3000 Besuchern (über 2 300 000 insgesamt).
Es ist das Haus des Kindes, das langsam wieder entstand, mit dortigen Helfern, als Ort und Objekt der Geschichte mit den 3 Schichten dessen, was war, vor 6o Jahren und inzwischen nun schon anders ist und was dazwischen als DDR sich eingeschrieben hat. Eine Transformation, wie man heute sagt, oder Metamorphose des Geistes, wenn es zur Form wird, die viel ablesen lässt von dieser Geschichte am abgelegen Ort, in abgelegener Ecke des Landes. Raum um Raum des Hauses, Hof und Garten/Park einmal, und Menschen aus damaliger Schulzeit dort und Heutige, sowie der Kinder nach der Wende.2
II Diese Menschen einzubeziehen, in den Darstellungsprozess, auch des Ortes, in der Technik der Webcams und Computer mit Lehrgängen für späteres Leben ist ein Ziel und Programm. Mit Computerkursen als ein sozialer Aspekt. In sonst Sinn entleertem Umfeld ohne Perspektiven, wenn nicht zukünftig technischer Verbindung anders als durch Flucht.
III Schon jetzt gibt es hin und wieder ausgestellte Bilder(Fotos Hans Pölkow, Zeichnungen Margarethe Krieger) in der ehemaligen LPG Halle auf dem Grundriss der früher strohgedeckten Scheune und in einem übernommenen Telefonhaus auf dem ehemaligen Hof. Es ist gedacht solche Ausstellungen in Zukunft mit sich bewegenden Webcams live im Internet zu zeigen, installiert von denen am Ort, die aus den Kursen digitaler Techniken dafür am ehesten geeignet erscheinen.
IV Eine neue Einladung aus Italien (von der RAI) für Mitte 2005 bietet solche Übertragung von Webcams des Ortes in Pommern an, in einem oder mehreren Räumen, in den der Ort das Leben und die neuesten Entwicklungen an Haus und Hof sich präsentieren kann.V Einbezogen wurde bisher die Kirche. Durch Teil-Renovierung des Chores und seitdem wieder als Gehäuse betretbar, auch erstes Mal mit Konzert eines Jugendorchesters aus Minsk, wie ein Wunder nach den Zerstörungen seit 1945 durch die Rote Armee und den Folgen in der DDR. Die Wiederherstellung des Turms muss von anderer Seite finanziert werden, steht aber auch hier auf dem Programm dieser Aktivitäten, als Zeichen des Ortes.
VI Geplant ist auch die Wiedergewinnung des angrenzenden Areals, wo früher Teile des Parks und historisch-öffentlicher Wege, plus Teich und Obstwiesen zu restaurieren sind, als Gemeindegelände grünes Übungsgelände für die angrenzende Schule mit Hilfe aller (Dorferneuerung der EU und des Landes M/V), der Mitarbeiter aus dem Ort und der Kinder. Und hier vielleicht ein unterirdisches Gehäuse eigener Archive der Zukunft einmal im Rahmen einer Stiftung als Syberberg-Estate nun ganz anderer Äcker und Ernten.
VII Wenn es gelänge diese verschiednen Aktivitäten zu verbinden und modellartig weiter zu präsentieren, dass sie zur Form werden, z.B. des anderen Lebens auf dem Lande des Essen, Kochens, Einmachens, Backens, von alten Mauern und Räumen, Fenstern, des Kochens und Heizens, urbar gemachtes waste land mit der Kindern des Ortes, plus gemeinsamer Internetseiten, auch in Einladungen an Berliner Institutionen und deren Teilnehmer (DAAD, Akademie, Wissenschaftskolleg), wohin zu einzelnen Freunden aus dem Ausland bei ihren Besuchen schon solche Kontakte bestehen(2005 :G.Agamben, Ph.Jordan), dann wäre ein solcher Ort wohl von besonderem Interesse.

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Das Geburtshaus als Ur-Hütte und Mythos dessen, was Kindheit als Gut war, des Vaters und einer eher real abwesenden Mutter, in welchen Zerrüttungen in der Realität auch immer, als Lebensform wieder gegenwärtig und angeboten. Als Frage oder Ressource. Das Ganze gestaltet sich anstelle eines nicht gedrehten Films mit anderen Mitteln. Als Zeitdokument vom reflektierten Tun. Die Erfahrungen aus documenta-Auftritten (1983 und 1997), sowie viele anderer vergleichbarer Räume in Madrid oder Paris, auf der Basis bisheriger Beschäftigungen des Lebens, mögen Garantie sein, dass es nun in der Landschaft und in der Luft global-provinzieller Verbindung im Kommen und Gehen des täglichen Tuns auch gehen möge.Warum das so wichtig ist.
Wenn wir nicht unser Hinterland verkommenlassen wollen, wo die industrialisierte Landwirtschaft keine Plätze für die Menschen dort hat, müssen wir hier was tun. Wenn die alten Strukturen von Kirche und tragender ländlicher Kultur der Güter in Architektur, Parks und ihrem Universum des autarken Lebens heute nicht Vorbild und Fundus dessen sein können, was in den Städten geschieht, wird man Bericht geben, warum und was dort geschieht, und gerade dort neue Zeichen setzen von dem Leben, das unsere Technik oder Kommunikation vermag, mit Hilfe von aussen, auf der Basis der dort Lebenden. Vorneweg und mit geistiger Durchdringung dessen, was sonst dumpf und abgeschrieben erscheint.
Damit das natürliche Heim-Weh der Zurückgekehrten nicht ein blosses Schein-Weh, nämlich einer legitimen Erinnerungssucht bleibt, ohne Land und produktiven Geist, sondern neue Kräfte erhält, aus bisherigen Leben in der Emigration, mit neuen Erfahrungen auch heutiger Kunstentwicklungen als soziales Feld neuer Formen der Lebensspuren, würde gerade hier aus dem abseitig konzentrierten Raum sichtbar jede Entwicklung aus den Verlusten zu neuen Gewinnen führen. Aus der Tiefe des Raums - neu erworben, neu verstanden, ländlich, gestaltet, der Öffentlichkeit übergeben - den wir in Gefahr sind als verkommene Provinz zu vergessen oder zu verlieren.
Wenn Kunst heute als Trash vielfacher Varianten leidend erscheint(„Nasszelle aus Berliner Abbruchhaus“, als Urinal und Abort der Kultur), dann ist dieser Ort N. unüberbietbares Urgestein einer Topgraphie für jede Tat, sich an ihm abzuarbeiten. Vom Erscheinungsbild der Menschen als Karikaturenkabinett von Deix bis Dix zur Überlieferung jüngster Geschichte des vom Heute kontaminierten„Mutterboden“ und seiner „Gewerke“.
Dies alleine vorzuführen und in der Zukunft an diesem Orte fortzuschreiben, ist ohne finanzielle Hilfe von aussen an meine Grenzen gekommen.

Anlage Finanzierungsantrag