jetzt herausgefunden 2 Fenster links und rechts ursprünglich und tief runter wie hoch. Raum viel grösser und langsam wieder erkennbar.Warum zerstört? auch bei uns. So leben seit 36 Jahren jetzt und immer Kampf dagegen, alle Fenster war schon fertig, als wir kamen, und hier nun endlich ein anderes noch, wieder möglich, wenigstens am Ende. Wände, Fenster.Türen. Versuchen. Scheitern immer in der Luft. Auch in den Dingen.

25. Januar 2004   <Gast>
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  Enteignungsurteil
Neusiedler und Alteigentümer
Von Reinhard Müller
22. Januar 2004 Der rechtliche Streit über die sogenannte Bodenreform geht in seine letzte Phase. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte befaßt sich an diesem und am kommenden Donnerstag mit den Folgen der Enteignungen zwischen 1945 und 1949 in der sowjetischen Besatzungszone. Nachdem die Betroffenen den deutschen Instanzenweg erfolglos beschritten hatten, prüfen nun die Straßburger Richter, ob der deutsche Staat die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt hat. Im Kern geht es nicht um eine Beurteilung der damaligen Konfiskationen, als weder das Grundgesetz noch die Menschenrechtskonvention galten, sondern um den Umgang mit den Vermögenswerten durch den deutschen Gesetzgeber. Daß der Ausschluß einer Rückgabe des enteigneten Vermögens Bedingung für die deutsche Einheit gewesen sei, diese Behauptung deutscher Regierungsvertreter hat das Bundesverfassungsgericht 1991 akzeptiert. Damit war allerdings noch nichts darüber gesagt, wie der dann souveräne deutsche Gesetzgeber diese Grundfrage regeln durfte.
An diesem Donnerstag fällt in Straßburg zunächst eine Entscheidung zu den sogenannten Neusiedlern. Das sind Vertriebene oder "Neubauern" (beziehungsweise deren Erben), die durch die Bodenreform Agrarland erhalten hatten. Das Land wurde später in die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften überführt, es unterlag zu DDR-Zeiten erheblichen Beschränkungen. Mit dem "Modrow-Gesetz" von 1990 erklärte allerdings die Volkskammer die Neusiedler und ihre Nachkommen zu Volleigentümern, Beschränkungen über Nutzung oder Verkauf der Grundstücke wurden aufgehoben. 1992 legte der Deutsche Bundestag fest, daß nur Angehörige, die vor dem 15. März 1990 in der Land-, Forst- oder in der Nahrungsmittelwirtschaft tätig waren, ihr geerbtes Land behalten durften. Ansonsten ging das Land ohne Entschädigung an die Bundesländer. Von der Regelung sind etwa 70 000 frühere DDR-Bürger betroffen. Nach Auffassung der Bundesregierung wurden sie nur zufällig und unrechtmäßig Eigentümer des Landes. Als beachtlichen Erfolg stuften es die Straßburger Beschwerdeführer ein, daß der Gerichtshof im September des vergangenen Jahres über ihre Sache mündlich verhandelte. Das geschieht nur in wenigen Fällen. So auch in der kommenden Woche. Dann geht es vor dem Gerichtshof um das Entschädigungs- und Ausgleichsgesetz. (Fortsetzung Seite 2.)
Damit sollten diejenigen entschädigt werden, die ihr Land - im Gegensatz zu den nach 1949 Enteigneten und NS-Opfern - nicht zurückerhalten. Bemerkenswerterweise ist das Eigentum in der Europäischen Menschenrechtskonvention selbst nicht verankert, sondern im 1. Zusatzprotokoll niedergelegt. Demnach darf Eigentum nicht entzogen werden, es sei denn, das öffentliche Interesse verlangt es und nur unter den durch Gesetz und die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen. Der Gerichtshof hat entschieden, daß Enteignungen einmalige Eingriffe sind, die keine andauernden Auswirkungen hätten. Die Bundesrepublik Deutschland haftet nach Straßburger Rechtsprechung nicht für Enteignungen, die vor ihrer Gründung vorgenommen wurden.
Gleichwohl sind die Straßburger Beschwerden nicht ohne Aussicht auf Erfolg. Der Gerichtshof hat den Klägern vier Fragenkomplexe zukommen lassen: Er will etwa wissen, ob sie eine "legitime Erwartung" darauf gehabt hätten, in den "effektiven Genuß eines Eigentumsrechts" zu kommen. Die Kläger begründen ihre "legitime Erwartung" damit, daß selbst das Verfassungsgericht 1991 die Bodenreform-Enteignungen für rechtsstaatlich "nicht hinnehmbar" erklärt hat. Nach dem Völkerrecht seien sie sogar nichtig. Demnach konnten sie ihr Eigentum nicht verloren haben. Die eigentliche Eigentumsentziehung sei erst mit dem Einigungsvertrag erfolgt. Zudem verstößt die Art und Weise der Entschädigung nach Ansicht der Kläger gegen das Diskriminierungsverbot der Menschenrechtskonvention. Tatsächlich gibt es Fälle, in denen der Verkehrswert der Grundstücke etwa 10 Millionen Euro beträgt, jedoch nur eine Entschädigung von etwa 15 000 Euro gewährt wurde. Nicht anerkennen wollen die Kläger das Argument des begrenzten finanziellen Spielraums des deutschen Staates, des "Hauptprofiteurs der rechtswidrigen Vermögenseingriffe". Freilich blicken die Straßburger Richter, zu denen auch Osteuropäer gehören, ebenso auf das (politische) Ergebnis ihrer Entscheidungen wie ihre Kollegen in Karlsruhe.
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.01.2004, Nr. 18 / Seite 1

 
 
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