Forscher prophezeien großes Vogelsterben
Wissenschaftler warnen vor einem dramatischen Vogelsterben. Computersimulationen haben ergeben, dass bis zum Jahr 2100 rund 10 Prozent aller Vogelarten verschwunden und weitere 15 Prozent vom Aussterben bedroht sein werden.
AP
Kolibri: Insekten fressende Vögel weniger bedrohtFast 10.000 noch lebende und 130 ausgestorbene Vogelarten haben die Wissenschaftler um Cagan Sekercioglu von der Stanford University analysiert und deren Verbreitung, ökologische Funktion und Lebensweg erfasst. Als die US-Forscher dann mit einem Computerprogramm verschiedene Zukunftsszenarien durchspielten, kamen sie zu beunruhigenden Ergebnissen: Im Jahr 2100 werden demnach 6 bis 14 Prozent aller Vogelarten verschwunden und weitere 7 bis 25 Prozent "funktionell ausgestorben sein" - was bedeutet, dass sie entweder nicht mehr in freier Wildbahn vorkommen oder keine nennenswerte Rolle mehr im Ökosystem spielen.
Als gefährdende Faktoren erwiesen sich unter anderem die Zerstörung des Lebensraums, die Konkurrenz durch eingeführte Arten, Krankheiten und die Aufsplitterung der Arten, schreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" (Online-Vorabveröffentlichung). Der dramatische Verlust werde die Ökosysteme weltweit stören und könnte die Verbreitung von Seuchen fördern.
Besonders gefährdet sind der Studie zufolge Vogelarten, die nur Früchte, Nektar, Fische oder Aas fressen. Einige dieser Gruppen werden der Simulation zufolge fast die Hälfte ihrer Arten verlieren. Nicht so stark betroffen seien dagegen Insekten fressende Vogelarten.
Je spezialisierter die Art ist, desto eher wird sie aussterben, so eine der Kernaussagen der Untersuchung. Auch die Anzahl der Individuen pro Art wird weiter abnehmen, prognostizieren die Wissenschaftler. Schon heute schrumpften die Bestände von 78 Prozent der weltweit bedrohten Vogelarten kontinuierlich. Diese Abnahme werde jedoch nicht dadurch ausgeglichen, dass die Zahl der Vögel bei anderen Arten zunimmt.
Mit dem Aussterben diverser Vogelarten werden sich auch die Ökosysteme verändern. Fehlen den Pflanzen die Vögel, die sie befruchten und ihre Samen verbreiten, werden auch sie aussterben. Auch können die Vögel ihre Rolle als Schädlingsvertilger und Aasfresser nicht mehr wahrnehmen. Diese Aufgabe werden dann zunehmend Ratten und wilde Hunde übernehmen, die jedoch häufigen Kontakt mit Menschen haben. Seuchen wie die Beulenpest und Tollwut können sich dann wieder schnell verbreiten, befürchten die Forscher.
 
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