Und eine Erkenntnis, nicht der Erniedrigten, Schwachen, von der Geschichtewelle hochgespült nochmal zu handeln oder zu reden, gilt aus den Worten, Tönen, Bildern, die wir immer wieder retten: nicht ein wie-auch-immer deklarierter oder selbstsoverstandener Bonus ist die Lehre gerade der Leiden, etwa Böses zu vergelten oder anderen zuzufügen. Selbst blosses Erinnern, ritualisiert und belastend, ohne dass was Neues draus entsteht, auf niemands Kosten, ist nicht fruchtbar und kränkelt zuletzt die eigene Seele an.Wozu sonst hätten wir sie erfahren, wozu sonst die Kultur. Wehe dem, darüber nicht verfügt, der sie uns verwehrt. da gilt Widerstand bis zum letzten.
Susan Sontag hat ein neues Buch geschrieben. Über die Bilder vom Leiden im Kriege. In der Festrede gestern sprechen sie, I.N. und dann sie, von den prägenden Bildern von Auschwitz und Dachau. Als Beginn aller Kunst und Poesie für sie als Kind. So beginnen sie ihre Reden, wieder und wieder. Es werden noch erwähnt Vietnam oder Kosovo oder Irak, Afganistan. Aber obenan immer Auschwitz als Mass aller Dinge.
Von den Millionen Toten aus der Flucht 1945 wird wohl kein Bild im Buch erwogen, keins von den Bomben-Toten in Deutschland kommt in der Geschichte der grossen Leiden der Menschheit vor. Wewnn sie dort verwaltet wird. Nicht zu relativieren sind die Leiden da. Nicht aufzurechnen je. Auch Ort, Häuser, Bäume, tote, Landschaften können weinen.
Hast einmal, vor 26 Jahren den Hitler als Film aus Deutschland nach dem Kriege verstanden. Denke, heute weiss ich warum. Mit den Augen des Kindes gesehen. Die Kultur Deiner Schulzeit plötzlich mutig in die Wagschalen geworfen, den Goethe, Kleist und Hölderlin, und Wagner und Caspar David Friedrich, denen in Deutschland längst misstraut wurde, verhöhnt und verlorenen(Adorno)Poesieverbot:Nach Auschwitz kein Gedichte mehr).
Du selbst in Todesnähe und vor dem Schwur nie mehr über andere, als in eigenen Romanen zu schreiben. Ein letztes Mal, wie das erste.
Das musstest Du verteidigen, was Du damals sahst, entdecktest und das anlässlich eines solchen Themas, solche Worte, hymnischer Freude. Kampfeswillig und durchzustehen. Wie neu gewonnen.

Vor Deinen Leuten, Freunden, in NY. Kein Jota geändert, sagtest Du nach Nächten des Streits. Sogar dort. Nur dort, an diesem Fall konnte, solches bewiesen, getan werden, wir wussten das. Und als Kindheits-Geschichte. Jedes auf seine weise. Dann waren wir frei, Du dort, für Deine Geschichten, ich für die meine.

Davon hat Dir niemand was gesagt, in den Reden gestern, wer auch weiss davon sonst. So tu ich es hier, versteckt, erkennend und als Freundes Tat.
Das ist mehr als Lob. Erkennend werden wir reifer. Und wovon gäbe es schöneres zu berichten.

Aber, siehst Du, das ist der Unterschied der Lebens-Geschichten. Das waren meine ersten Eindrücke von Leiden im Kriege. Die der gesehenen und erzählten, vor Augen, in den Augen der Geschändeten, dem Kinde. Als die Russen kamen, mit Vergewaltigung, Morden, Zerstörung und Klauen. Die Deutschen als Geschlagene in Fetzen. Und nicht Rächer kamen da, sondern Besoffene auf Befehl. Und das Böse erweckt. Leihaftig erlebte. Und das, was wegkam, war alles woraus das leben war bisher.
Einem, wie Brumlik hier,A- Jude, Lehrender, 68er, im Lande, inzwischen sehr deutlich und ohne Vorbehalte. Grass selbst traut sich langsam heran, Seebald Dein letzter Zeuge der Worte in deutsch, wie auch immer, waren das einige Fragen an die Deutschen wer. Warum verschwiegen.