11.November1
Menschlichkeit in Prozenten
Norman G. Finkelstein ergreift so einseitig Partei für die Palästinenser, dass er die Gegenargumente gleich mit auf den Plan ruft
VON ALEXANDRA SENFFTGrenzzaun in der West Bank (ap)
Eines muss man dem Enfant Terrible unter den amerikanisch-jüdischen Intellektuellen, dem Politikwissenschaftler Norman Finkelstein, lassen: Er versteht es, mit diskussionswürdigen Themen zu provozieren. Sein Buch Die Holocaust-Industrie, 2000 erschienen, wurde in Amerika zwar weitestgehend tot geschwiegen, in Deutschland jedoch mit Empörung aufgenommen: Der Sohn von Holocaust-Überlebenden behauptete darin, jüdische Organisationen in den USA beuteten das Erinnern an die Vernichtung der Juden für ihre eigenen Interessen aus. Seine Thesen, die eine jüdisch-zionistische Verschwörung in der Instrumentalisierung des Holocaust nahe legten, waren derart überzogen, dass er die von vielen als notwendig erachtete Debatte umgehend auf eine falsche Bahn lenkte und sogar von Gleichgesinnten unter den Linken Schelte bezog. Wirklich jubeln konnten darüber nur Rechtsradikale wie der NPD-Mann Horst Mahler, der Finkelstein Respekt dafür zollte, diese "Auschwitzkeule" entlarvt zu haben.
Das besiedelte Land
Nach zehn Jahren Lehramtstätigkeit an der City University of New York wurde dem unbequemen Politikwissenschaftler, bekannt für verbale Wutausbrüche, gekündigt. Er lehrt jetzt an der De Paul Universität in Chicago. Kürzlich legte er sich mit dem O. J. Simpson-Verteidiger und Harvard Law School Professor Alan M. Dershowitz über dessen Israel-Bestseller an. Nicht nur erzürnte er sich über die Behauptung, Palästina sei im 19. Jahrhundert ein fast unbesiedeltes Land gewesen - eine Behauptung, die von einseitigen Israel-Befürwortern, allen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Trotz, hartnäckig immer wieder aufgekocht wird.
Er beschuldigte den Star-Juristen auch, von einer gewissen Joan Peters abgeschrieben zu aben, die den israelischen Mythos vom "Land ohne Volk für ein Volk ohne Land" (Golda Meir) vor zwanzig Jahren ebenfalls bedient hatte. Deren Buch hatte Finkelstein Mitte der 1980er Jahre gnadenlos zerpflückt: "Seit der Veröffentlichung meiner Ergebnisse gelte ich in politischen Kreisen als ‚kontrovers'", meint Finkelstein in seinem nun auf Deutsch erschienenen Buch über die erste Intifada der Palästinenser.
1988 war Finkelstein mit einer amerikanisch-arabischen Menschenrechtskommission das erste Mal nach Palästina gereist und wurde von zwei palästinensischen Familien herzlich aufgenommen. Seine Identität als Jude verschwieg er nicht, im Gegenteil, es war ihm ein politisch-persönliches Anliegen, seine Herkunft preiszugeben. Für seine Gastgeber war das kein Problem, allzumal er sich deutlich gegen die israelische Besatzung aussprach. In seinem neuen Buch beschreibt er seine Eindrücke von dieser und von folgenden Reisen in "Das Land der traurigen Orangen", wie der palästinensische Dichter Ghassan Kanafani es einst nannte. Er erzählt vom Aufstand der Palästinenser, von seinen Diskussionen mit ihnen und vom beklemmenden Unterdrückungssystem der israelischen Besatzungsmacht.
Wie üblich macht es Finkelstein einem nicht leicht. Was er sagt, ist sehr wichtig, doch die Art und Weise, wie er die Fakten präsentiert, irritiert und provoziert oft selbst da zum Widerspruch, wo man ansonsten geneigt wäre, ihm zuzustimmen. Überidentifiziert mit den Palästinensern als Opfer, spaltet Finkelstein die Welt in Gut und Böse: Hier die guten Palästinenser, dort die bösen Israelis. Er nutzt zwar die Aussagen diverser links-liberaler Israelis, um die katastrophalen Verhältnisse in den palästinensischen Gebieten zu dokumentieren, findet jedoch für Bemühungen auf israelischer Seite, den Konflikt fair zu beenden, keinerlei positiven Worte.
Seine Kritik an der Halbherzigkeit von Peace Now, der größten Organisation innerhalb der Friedensbewegung, kann man insbesondere im inner-israelischen Kontext nachvollziehen. Doch warum erwähnt er mit keinem Wort all die anderen, kleinen Organisationen und die vielen Friedensaktivisten in Israel, die sich für die Palästinenser einsetzen? Weil sie eine winzige Minderheit sind? Oder weil sie in seinem Raster von Zionisten versus Anti- beziehungsweise Nicht-Zionisten keinen Platz haben? Jedenfalls findet Finkelstein es wichtig zu erwähnen, dass seine palästinensische Gastfamilie und deren Nachbarn ihn "zum nettesten Juden, den sie je kennen gelernt haben" ernannt hätten.
Befehlsverweigerung
" In dem Moment, in dem ein Israeli eine Armee-Uniform anzog und sich bereit erklärte, mitten in der Nacht in palästinensische Häuser einzudringen und Kinder zu terrorisieren (und kein israelischer Soldat würde einen solchen Befehl verweigern), hatte er 95 Prozent seiner Menschlichkeit verloren", sagt Finkelstein. Die Behauptung, kein israelischer Soldat würde Befehle verweigern, traf schon zum Zeitpunkt der ersten Intifada nicht ganz zu; heute, während der zweiten Intifada, ist sie mit 1184 politischen Verweigerern, die für ihre Zivilcourage oft erhebliche persönliche Nachteile oder gar Gefängnisstrafen in Kauf nehmen, entschieden überholt.
Das gilt auch für einige andere Informationen im Buch. Finkelstein beschreibt zwar die Zeit der ersten Intifada, dennoch ist es unverständlich, warum weder er noch der Verlag auf die Idee gekommen sind, die vorhandenen Fußnoten aus der englischen Originalausgabe von 1996 durch Aktualisierungen zu erweitern.

Doppelter Rauswurf für Hohmann aus der CDU
Die CDU hat nun doch auf die antisemitischen Äußerungen ihres Abgeordneten Martin Hohmann reagiert. Der hessische Politiker soll aus Fraktion und Partei ausgeschlossen werden.
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Was man nicht sagen darf: siehe(Homann)>

und was nun alle wissen. Über 60 % in Europa schon vor Homanns Rede nach EU Umfrage. In der Diktatur gab es Widerstand mit Gefahr für Familie und Leben. Heute gehn nur die Geschäfte schlechter, wenn einer wagt das zu sagen, was die Demokraten definierte: eine andere Meinung, nein, das, was man nicht sagen darf, aus Büchern oder Geschichte.
Geschäfte schlechter? der Parteien sicher - vor ihren Wählern, wie nie. Selbstbefragungen, warum das Bild des Politiker so tief gesunken, wie nie, eine Farce, solange sie sich nicht sehen. So.Und warum die Geschäfte der Zeitungen nicht gehen. So
Man kann ihnen nicht trauen. .

Stoiber(CSU/BAYERN) spricht von Hohmanns Rede als ausserhalb der Verfassung. Müsste er da nicht vor Gericht. Nürnberger Art. Toter Mann. Auch ohne Strick und Beil. Auch ohne Nürnberg. Kopf ab. Herz raus.

so werden die Stimmen der S.Christiansen Sendung vom Sonntag im Spiegel zitiert. Nur einer fehlt von den Teilnehmern hier: Finkelstein("orchestrierte Hysterie")


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Otto Schily: Ein CDU-Abgeordneter, "der braune Soße wieder aufrührt"Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hatte am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen" erneut einen Fraktionsausschluss Hohmanns gefordert. Im Interesse der großen demokratischen Volkspartei erwarte er, dass die CDU/CSU zu der Einschätzung komme, dass der hessische Abgeordnete, "der eine solche braune Soße wieder aufrührt", in der Fraktion nichts zu suchen hat, sagte Schily.
Auch der CDU-Europaparlamentarier Elmar Brok hält Hohmann für nicht mehr tragbar in der Partei. Ein solcher Mann habe "in der CDU nichts zu suchen", sagte Brok am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". Einen Parteiausschluss hält er jedoch für schwierig. Das Parteiengesetz sei "sehr kompliziert". Brok sprach sich deshalb dafür aus, den Druck auf Hohmann so zu erhöhen, dass er die CDU verlässt.
CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer verteidigte hingegen bei "Christiansen" die Entscheidung, Hohmann nicht aus der Unions-Fraktion des Bundestages auszuschließen. Die Rüge des CDU-Bundesvorstands für Hohmann und dessen Abzug aus dem Bundestags-Innenausschuss seien ausreichend. Ein Fraktionsausschluss sei problematisch, da es im Parteiengesetz für einen solchen Schritt hohe Hürden gebe, sagte Meyer.
Mit Blick auf einen möglichen Rechtsstreit um ein Ausschlussverfahren sagte Meyer, er wolle nicht, "dass wir über drei Jahre eine solche Diskussion haben". Das, was die Union gemacht habe, sei "notwendig, aber auch hinreichend". Es gehe der CDU darum, dass solche "abstrusen Gedanken" in der Partei keinen Platz haben.
Für den israelischen Botschafter in Deutschland, Shimon Stein, sind die Äußerungen Hohmanns ein gesellschaftspolitisches Problem. "Das geht über die Parteien hinaus. Das ist nicht nur ein Problem für die CDU, das ist ein Problem für die deutsche Gesellschaft", betonte der Diplomat in der Sendung.

Grenzzaun in der West Bank (ap)<
Grenzzaun in der West Bank (ap)