Aktuell
TODESLISTE FÜR DIE CIA
Bush erteilt Lizenz zum Töten
US-Präsident George W. Bush hat der CIA einem Zeitungsbericht zufolge eine
"Todesliste" von mutmaßlichen Extremisten gegeben. Der Geheimdienst
ist demnach befugt, die Verdächtigen zu töten, sollte sich eine Gefangennahme
als nicht praktikabel erweisen.
AFP/ DPA/ Department of Defense
"Predator"-Drohne:
Terror-Verdächtige im
VisierWashington - Bush habe der CIA die Vollmacht erteilt, die Terroristen
sofort und ohne Rücksprache zu töten. Auch wenn die Liste ergänzt
werde, sei Bushs Zustimmung nicht erforderlich, berichtet die "New York
Times". Die CIA und das US-Präsidialamt hätten eine Stellungnahme
abgelehnt.
Auf der Liste seien unter anderem der Chef der Terror-Organisation al-Qaida,
Osama Bin Laden, und sein Stellvertreter Ayman al-Sawahiri verzeichnet, berichtete
die Zeitung unter Berufung auf Militär- und Geheimdienstkreise. Die CIA
sei zu deren gezielter Tötung berechtigt, wenn eine "Gefangennahme
unmöglich ist und Opfer unter Zivilisten gering gehalten werden können".
Auf der Liste sollen sich außerdem die Namen von etwa zwei Dutzend weiteren
mutmaßlichen Top-Terroristen befinden.
Die Aufstellung der Liste sei Teil der ausgeweiteten Bemühungen zur Ergreifung
von al-Qaida-Anführern, berichtete die Zeitung. Nach den Anschlägen
vom 11. September war der CIA bereits grundsätzlich die Befugnis erteilt
worden, Anführer terroristischer Organisationen zu töten.
AP
George W. Bush: Tötungsbefehl für GeheimdienstlerErst kürzlich
hatten die USA ihre Bereitschaft unter Beweis gestellt, künftig Terror-Verdächtige
ohne Gerichtsverfahren und Rücksicht auf Souveränitätsrechte
anderer Staaten zu töten: Anfang November starben ein führendes al-Qaida-Mitglied
und fünf weitere Männer, als eine "Predator"-Drohne eine
Rakete auf ihr Auto abschoss. Später bestätigten US-Regierungsvertreter,
dass vor dem Angriff keine Rücksprache mit dem Präsidenten stattgefunden
hatte.
Bisher hatte nur die israelische Regierung gezielte außergerichtliche
Tötungen von Terror-Verdächtigen in größerem Umfang angeordnet.
Die ersten Aktionen dieser Art hatten Israel eine Welle internationaler Kritik
beschert.
Die CIA hält die Todesliste wird der "New York Times" zufolge
in Absprache mit anderen Anti-Terror-Organisationen auf dem neuesten Stand.
Unklar sei jedoch, welche Kriterien genau dafür sorgen, dass ein Verdächtiger
auf die Todesliste kommt - oder ob es überhaupt präzise formulierte
Kriterien gibt. Die Beweise gegen jede Person müssten "klar und überzeugend"
sein, sagten Regierungsvertreter der Zeitung.
Eine Abweichung von der offiziellen Regierungsrichtlinie, keine Tötungen
von Verdächtigen zu dulden, stelle die Todesliste nicht dar. Die US-Regierung
definiere al-Qaida-Mitglieder aber als feindliche Kämpfer - was sie zu
legitimen Zielen "tödlicher Gewalt" mache.
Zudem
beschränke sich die Jagd bei weitem nicht auf die Namen der Todesliste.
Der Präsident, schreibt die "New York Times", habe der CIA eine
"breite Befugnis" gegeben, al-Qaida-Mitglieder weltweit zu jagen und
zu töten.
DRUCKVERSION
ARTIKEL VERSENDEN
LESERBRIEF SCHREIBEN© SPIEGEL ONLINE 2002
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung der SPIEGELnet AG