IV

So ist das verlorene Recht auf Darstellung wohl der schlimmste Verlust. Das Verlorene nicht äussern zu dürfen, nicht klagen zu können, keine Erscheinung zu haben. Aller Formen ledig, die es ermöglichen. Den Tod der Städte, den Verlust der Heimat-Länder und Kulturen, die Auslöschung, Schwärzung, Enteignung Preussens, die Schändung der Frauen, Mütter und Kinder, und mit ihnen, um was es geht. Abgebrannt das Land der Seelen, stumm gemacht, aufgerechnet gegen eigenes Unrecht, das Böse gegen das Böse.

Und tat es doch und tat es gerade. Gerade das. Was sonst.
Zuerst die Geschichte des Landes, wie es dazukommen konnte, erforscht, Bild und Ton gegeben, Gestalt und Raum der Vorstellungen in uns, hundert Jahre zurück, Alp-Träume, Musiken aus fernen Zeiten, im alten Stil, dann befreit in neuer Form, die Fragen gestellt, in Gestalt der Frau die Geschichte behauptet, in ihr, und so zur Klage gekommen, was sonst.

Denn die wahre Unmündigkeit ist es nicht, was uns traf, das setzte Reife in Aussicht, nicht die Gebrechlichkeit der Welt ist , was uns umtreibt, nicht die Hybris mehr, aller Tragik Zeichen, die uns Unglück wurde, und nicht eigentlich sind wir Gescheiterte. Wie nennen, das Versagen heute, anders, die Impotenz der Fettleibkeit, die Feige machte aus denen der Tapfersten unter den Formsuchern der Welt im Geiste.

 

Dienstag,
den
26.Februar

 

III

Für den noch vor dem letzten grossen europäischen Krieg Geborenen, fernab in ihm aufgewachsen, auf dem Lande, das heute verloren ist als Kulturlandschaft alten Stils, war die Figur Hitler ein Teil der Geschichte, einer Katastrophe, der den ersten Teil des Jahrhunderts in sich vereinte und den zweiten Teil weitgehend bestimmte. In Ost und West Deutschlands, in der Mitte Europas, Zeichen des Endes dieses Kontinents als Kultur der Menschheitsgeschichte, A.nun Gegenstand der Geschäfte, H.entglitten zur show, der Krieg als Spektakel verkommen, die über-5o Millionen Toten, Karrieren fördernd, zu untersuchen ergiebig, zentral, auch für Darstellung geeignet, wenn man die Lektionen gelernt hatte, was zu meiden ist und was diese Zeit möglich machte. Belacht, gehasst, getötet, kleingehalten, nachgeahmt, beklaut, wers wagte. Masstab geworden. Und gerade dem, aus diesem alten Kinderglauben aufgewacht, besonderer Perspektiven reif. Was als Fluch begann, wurde den neuen Kindern Spass oder diesen verhindernd.

Aber dann war dieser Hitler Anlass zur Beobachtung der Menschen nach 1945. Wie sie sich daran mästeten, wie sie Punkte sammelten,-heute abgestandene Ware für Abdecker dritter Klasse der Vermarktung-,wie sie denunzierten als Tugend, lügen, oft schamlos, sich andienten, kollaborieren, konformieren, destruieren, besonders die Geschichte und sich in der Kunst und immer das, was wir mit A. meinen, als Malus oder Bonus, wofür keiner zahlt, wenn er es nennt, als Klingelbeutel grosser Ablass-Gewinne.

So wurde dieser H. zur Prüfung besonders blutigen Gelächters für die nach ihm. Aus dem Blick dessen, der mit ihm seine Kindheit verlor. Man könnte sagen recht so, wenn gezahlt werden muss. Wenn es nur nicht die Falschen wären, die daran sich mästen. Gerade die. Aber so ist sie wohl die Gerechtigkeit, wie wir wissen blind, wütig, mit verbundenen Augen, frisst die Geschichte, gefrässig, wahllos und setzt sich fort, wo niemand es geahnt, solange es sie noch gibt und uns in ihr.

 

 

V

Dieses Dorf des Kindes als Mass. Alles anders als sie sagen, als gut und böse , richtig und falsch benennen. Aufgegeben. So die Welt im Kleinsten. Zustand der Künste, des Theaters der Welt, der Literaturen als Sprache der Menschen. Gott starb zu Anfang des letzten Jahrhunderts. Und was daraus folgte, sehen wir schmerzlich. So die Kunst nun. Um im alten Stil zu sprechen. Die Kunst ist tot. Nur, manche dürfen es sagen. Und nur wer es sagt, hat noch eine Chance. So geht der Streit darum, es sagen zu dürfen. Egal, ob Beifall falsch oder nicht. Und wer darf und wer nicht. Interpretations-Privilegien. Der Sieger, der wahren.

Das alles Nossendorf aufladen, von niemand gewollt, nicht mal als Angebot, Gelächter, Abwenden, auf allen Ebenen. Berlin, Kassel, Hamburg, München, Vorbei. Paris, Schwerin, Demmin. Vorbei. Was am Ort nicht mehr geht, der Realität, devastiert ist.
In einem Menschen, nochmal versucht. Die ganze Welt.
Universum. Was für eine Last. Tragen. Wer.
Dorthin wohl kaum noch, wenn auch daher.

Dahin nichts.
Daher alles.