Not to belong - Angst, nirgendwo zugehörig zu sein.

Für diese Woche wird im SPIEGEL der Film das HIMMLER-PROJEKT von K.
angekündigt. Lobend. Dazu ein Bild das Himmler + Hitler zeigt, mit
Hakenkreuzflagge in Nürnberg auf der Tribüne, darunter der Text aus der Rede
"ein niemals genanntes Ruhmesblatt". Das ist wohl das falsche Bild. Gemeint
ist bei Himmler die Ermordung und der Anblick der Toten von
Hunderttausenden, wie sie die Sonderkommandos der SS hinterliessen. Und
davor standen die Worte, ".. dies durchgehalten zu haben und dabei,
abgesehen von menschlichen Ausnahmeschwächen, anständig geblieben zu
sein..." . Was zeigt man dazu, wenn man einen Film macht, zu diesem Thema,
dem nachdenkenden Auge.
Als ich, vor 24/25 Jahren nun, diesen Text fand, - in den Tondokumenten des
Reichkundfunkarchives, Koblenz - , war es eine Entdeckung, die alle Reden
über Mordwillen und -Wissen in üblichen Symposion und Diskursen, hätte
gegenstandslos machen können. Es ging nur mehr darum, wie stellt man das
dar, vor.
Dieser obengenannte Film ist konsequent eine Möglichkeit, radikal die Logik
des Gesagten offen, noch einmal, allen vorzuführen, was bis dahin, bis vor
24 Jahren eine Geheimsache war. Man konnte das nun verstehen. Und aus dem
Verstehen erschreckend, schaudernd, - so die Darsteller, die ich damals
finden musste, bis zum Erbrechen -, abwehren. Eine Haltung ist die des
nocheinmal Durchmachens in der Form. Die üblichen Bilder der Toten
waren/sind nicht die Lösung, der Erkenntnis höchste Form von Trauer und
Entscheidung.
Wie wir die Form fanden, demnächst als Zitat (in www.syberberg.2.de).Es
konnte nur darum gehen, die Gesichter und Menschen zu zeigen, die das
waren und dann sind, darstellend, als unser Anteil an der Spezies. In uns.
Soviel Jahre hat es gedauert, bis sie es nun lernen, jeder für sich. Und wieder
soviel Leichen derer, die sich daraus ihre Vorteile zogen, besserwissend. Diesmal ohne Not. Punktend ziehen sie durchs Land. Von Land zu Land. Auf die Stühle. Von einem zum anderen. Auf und ab. Meistens aufwärts. Konsensträchtig. Aber inzwischen sind andere Szenarien wichtig, wo sie wieder punkten können. Dasunsere, unsere Geschichte des Erschreckens, aber wurde wohl endlich zur
Provinz. Mit neuen Kriegen ganz anderer Art wird¹s neue Opfer geben und
solche die’s tun, sich andienend oder die die fallen. Wer möchte mit wem
tauschen.

 

Sonntagabend im FS G.Gaus im Gespräch mit J.Nida Rümelin zu Fragen der
Situation anlässlich des Afghanistan Krieges. Über die auseinanderdriftenden
Ebenen des öffentlichen und geheimen Denkens, Redens und Bewusstseins. In Politik, Medien, Universitäten und Schulen und Künsten.(8o%, heisst es seien gegen die Bomben in Deutschland, der Kanzler spricht von absoluter Solidarität, in Amerika Giftanschläge wohl aus eigenem Land von akademisch trainierten Urhebern, aus eigenen Forschungslobors, inzwischen gegen Kongress, Senat, Weißes Haus, Medien, MInisterien, Justiz und Gesundheit, Äußeres, Hohes Gericht und FBI. In der DDR, sagte G., habe das zum Bruch des Systems geführt, jene Divergenz dessen, was gesagt wird und was gedacht wurde. E. Nölle Neumann schrieb vor Jahren über die Schweigespirale (1968). Von 1914 bis 1918 führte der Weg von pathetischer Nibelungentreue eines Volkes zum Zusammenbruch der Monarchien in Mitteleuropa und Russland durch diese Völker.) Das stand wohl hinter den Worten des G. Sein Gesprächspartner, als Mitglied der öffentlichen Organe, sprach von normativem Minimalkonsens usw. und meinte sich als Philosophen.
Wenn aber heute einer Filme machen will, Kunst des vergangenen Jahrhunderts,
muss er vor die Gremien der öffentlichen Organe. Und das in Deutschland, der
Welt-Provinz. Was wird er wohl vorschlagen, machen, anders als einen
weiteren Teil der Spaß-Produktionen nächster Fortsetzung, eingebunden in
solche Apparate, die ihn abhängig machen, anders, als wir anfingen, mit
manchmal der Wahrnehmung unserer Verantwortung als Autoren, aus dem
Vergangen lernend, eigene Formen zu finden, diese darzustellen.

Not to belong - Angst, nirgendwo zugehörig zu sein.
Das ist etwas anderes, als keinen Ort zu haben, ausgewiesen zu sein.
Es heißt sich einzurichten, in den ortlosen Strömen der Zeit, sie womöglich
bestimmend, sonst abhängig zu sein, mehr als andere.
Wer Fontane liest, weiß von der Autarkie seiner Helden auf dem Lande.
Unabhängig von Moden, Ideologien und Ängsten, das immer Richtige zu sein, zu
tun oder zu sagen. Und so, die die dort um sie leben.
In N. erfahren, was das heißt, ist. Selbst alle, die da lebten, am Hof, noch
bis 47. Auch die NS Zeit blieb ohne Einfluss. Aber die DDR hat wohl, ohne
diesen Kern aus Haus und Hof und Kirche des Dorfs und deren Hüter, sie dort
fertig gemacht. Deformiert im Innern. Nicht nur den Platz und Ort. Von den
Vertriebenen weiß man, wie sie entwurzelt schwankten, ohne Zentrum
dessen, was ihre Persönlichkeiten charakterisierte, Ort und Tätigkeit, wie
Geschichte. (Preussen ohne Land. Dessen Schloss, abgerissen, nun wieder zu
errichten, als Farce, überseeischen Museeumsstücken dienen soll.)
Brauche nun dies N. nicht mehr für mich. Daraus geboren und gearbeitet.
Jetzt ist es reine Tat. Artefakt. Geistige Autarkie gäbe zurück. Selbst
Identität wäre zu schwach zu beschreiben, was das ist. So wird es immer
dieser Ort sein, den es zu schaffen galt. Was nicht zu kaufen war. Auch
nicht durch Subventionen.
Aber das Nach-Leben? Wer organisiert den Ort danach, dass er gemäß ist,
unter solchen, die da sind und sein werden, wenn wir um uns schauen, was sie dem Erbe angetan,-tun.

31. Oktober 2001

In N. "Düvelsdorf".
Heute noch gibt es den Laden ohne Waren, mit leeren Regalen.
Honig kann man dort kaufen vom Ort.
Gastraum noch daneben.
Einkaufen jetzt bei Weinhold.
Nachdem der Konsum leersteht.

29. Oktober 2001

Drei Seiten Nossendorf
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28. Oktober 2001