Schleef

 

 

 

                                                                         

Als er am Morgen des trüben Januartages erwachte, wusste er, es würde nicht ein Tag werden wie andere. Das Herz klopfte und jagte in fremdem Rhythmus, es schnürte und ängstigte ihn. Wenn er ganz still hielt, war es gut. Aber mit der kleinsten Bewegung begann der jagende Atem und  das Rennen der Schläge ohne Ende. Treppen, Gänge, aufstehen, reden formulierender Gedanken lasteten schwer wie Blei im Blut. An Proben war nicht zu denken. Nachdem er sich in das Krankenhaus begeben hatte und das Theater unterrichtet, begannen die Untersuchungen. Der Telefonanruf des Intendanten kam schnell. Fragen nach dem Befinden mündeten bald in drängendes Forschen nach dem wie lange und Sorgen um die Premiere, so dass das Zögern der Stimme fast schon  provoziert war in jener Antwort, ob überhaupt noch und was er sich da aufgehalst. Es mag in der Furcht gelegen haben, dies nicht zu schaffen, weil doch zu fremd, jene private Mythologie der Anderen oder wieder zu versagen, sein Grundübel, vor dem Rauskommen der Gedanken in die Realität, sich selbst ein Rätsel, neben dem Problem des Geldes, jener Angst, die ihn verdächtig machte, auch vor sich selbst, weswegen er bei Aldi kaufte und sich kleidete, wie ein Penner, Fahrrad fuhr, statt der Autos seiner Kollegen und alleine lebte in leeren Räumen mit nur Tisch und Stühlen und Regalen ohne Bücher. Nun also wieder dieser Absprung. Herz und Krankenhaus oder Atteste, das kannten alle.
Manchmal erblindete er oder er blieb einfach liegen, unpässlich und war nicht zu bewegen.
Diesmal kam die Stimme laut und unbeherrscht und ohne Erbarmen, wie vorausgesehen. Schuld-Vorwürfe mischten sich mit  Drohungen von Regressansprüchen in der Härte eines, der sich verschworen hatte, mit dem man solches nicht machen könne. Alles unter dem Druck jener Öffentlichkeit, der verpflichtenden.
Zuerst versuchte er zu erklären, dann zu flehen, seine Worte flatterten auf der Linie seines Stotterns, das ihn  sonst  behinderte, nun in der Not, sie nicht mehr zu finden. Am Ende war sein Atem schwach und sein Herz versagte.  Einfach so. Bis in jenen Kollaps, der als Zusammenbruch eines Infarkts bezeichnet wird. Noch, wieder zu sich gekommen, bat er die bisherigen Ergebnisse seiner Arbeiten auf Video von Assistenten festhalten zu lassen. Und er schrieb letzte Willen. An die Freundin seit 3o Jahren, alles, was er geschrieben, alle optischen Dinge zugunsten seiner Lektors zu geben und,  was an Geld war oder einkäme an die Kinder, die Tochter, den Sohn aus früheren Zeiten. Die anderen waren schon früher versorgt worden von ihm. Die Premiere wurde abgesetzt. Viele grinsten und sagten mal wieder und andere, sie hätten es gleich gesagt. Das Todes-Thema der Stücke und ihre Autorin waren Anlass genug zu solchen Überlegungen. In Verbindung mit ihm, in letzten Zeiten
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