Nossendorf Haus nach 1945

1950

DDR-Zeit

März 1990

1992

2000

Eigentlich wurde das Gut meines Vaters gar nicht enteignet. Das heißt, er hat sein Land selbst unter seine Leute und die Flüchtlinge aus dem Osten aufgeteilt. Als es dazu kam, dass es hieß "Junkerland in Bauernhand", baten sie, die bei ihm arbeiteten, er möge es doch selbst tun. Wer sonst. Gerechter. Welches Stück, nahe, fruchtbar, in Losen und wie einzuteilen. Von wem anderes anzunehmen, da er ja noch da war. Unter Ihnen, nicht geflohen, nicht abgeholt, beseitigt. Als Teil des Ganzen. Das war 1946. Im Jahr davor hatte er noch die Ernte für die Russen eingefahren. Aus geplündertem und beschädigtem Haus und Hof. Ohne Pferde, ohne Kühe, Schweine, Hühner, Leute, Maschinen. Aber getan. Beordert mit dem Ernte Kommando Iwan, seinem Freund. Im Mai als die Russen kamen, und man weiß wie, erschien noch vor der Armee plötzlich einer in Leder und zerschlagener Nase. Hinter der Front abgesetzt, das Gelände zu prüfen, durchkämmen, Ordnung zu schaffen. Die Deutschen waren gerade abgezogen, in der Nacht dazwischen, und versicherte "Du guter Mann, nie Heil Hitler und Gefangene gut behandelt". Er wusste alles und gab ein Papier zum Schutz, manchmal half es wohl auch. Er war der Politkommissar, der manchmal wiederkam, fragte und schützte, wo es möglich war. Nun aber, vielleicht auch als Folge insgeheim solcher Mächte, war er selbst der Bodenreform-Kommissar der eigenen Auflösung. So erhielt auch er, ausgelost, ein Stück seines Landes, wie alle und sein Haus. Wer sonst sollte, wollte es haben. So stand es auf dem Papier. Bewohnt war es von den Flüchtlingen aus Ostpreußen meistens oder Hinterpommern, Gumbinnen, Schneidemühl, Stettin, daher kamen damals meine neuen Freunde. Wir hatten zwei Zimmer neben dem Bad. Schlafzimmer und Ankleidezimmer früher. Die Küche benutzten alle zusammen. Das Radio war immer im Schlafzimmer, neben dem Bett gestanden. Einmal kam H.(KPD), der Ministerpräsident aus Schwerin - Stettin gab es nicht mehr -, mit seinem zweiten Mann, Kleinschmidt SPD, und sie begrüßten ihn verwundert, vielleicht mit stolzem Nicken.
Als 1947 es doch nicht mehr ging und Rostock für die Schule und sonstiges Leben gewählt war, übergab er am Ende des Jahres sein Haus und das Reststück des Landes zurück an die Gemeinschaft, dass es neu vergeben werden konnte, mit seiner Unterschrift. Denn, wie alle, hatte auch er das verteilte Land nicht zu eigen erhalten, obwohl bezahlt, wie alle anderen, sondern nur zur Benutzung und Bearbeitung. Eigentümer wurden die Begünstigten der Bodenreform erst 1990 nach der Wiedervereinigung durch die Regierung Kohl. Jetzt fanden wir diese Abtretungs-Urkunde von 1947 noch bei den Akten.

Alles vorige war geschwärzt, Namen und Begrenzungen aus den Grundbüchern der Generationen davor, wann und wie erworben, gehalten und bestellt.
Soviel Angst vor der Geschichte.
Und holt sie doch alle ein.
Was aber ist dann mit dem Land und was wir aus ihm gemacht und dem, was uns auf ihm gegeben?

Gorbatschow sagt, er, sie hätten nicht auf der Beibehaltung der Bodenreform als einzige Bedingung zur Wiedervereinigung bestanden und spricht von "absurd", Nato ja - Enteignung nein ?! was für eine Logik. Die DDR-Verhandler bestreiten ihr Bestehen auf diesem Punkte. Also Kohl und Scheuble. Warum. Macht? Wählerstimmen, Zeitstrom, Öffentlichkeit, "nicht brauchen jetzt" sei seine Rede gewesen, wenn etwas richtig war, aber nicht opportun. Was. Diskussion jetzt, damals, über Junker-Rückkehr, NS-Legenden, Demokratie in Gefahr? und dafür gingen sie bis zum Bundesgerichtshof? und alle nickten, keine Mehrheit im Bundestag wäre zu finden gewesen. Recht gebrochen, gelogen, wider besseres Wissen gehandelt.
Und stand wohl noch mehr dahinter, Blut und Boden. Wer sich dafür einsetzt überlebt das nicht, darauf haben die anderen nur gewartet. Desinteresse der heutigen Strukturen an landwirtschaftlichen Verhältnissen, was einmal staatstragend war. Industrialisierung der Landwirtschaft, von Heidegger mit Hiroschima und Auschwitz gleichgesetzt, eben. Und was das heißt. Brüssel braucht große Flächen zur Regelung der Pläne, Bebauung, Garantien für Abnahmen, Brachen gegen Überproduktion, Subventionen diktieren den Markt. Und da haben wir's. Kein Interesse. Alles außerhalb von Sorgen um Saat, Pflege, Ernte, Dank. Tiere als Produkte, Besamungsentscheidung (Modell für Menschenfortpflanzung vom "Spaß" getrennt als Laborgeschehen), Einfelderwirtschaft durch Chemie und die Folgen. Wenig Menschen nötig, Arbeitslosigkeit, Demotivierung, ob Abrisse oder Aufbau egal für Beschäftigungsstatistiken. Aber wie das Tier so der Mensch, wie das Feld, so die Kultur. Und schon ziehen die Menschen, kaum der Schule entkommen, herum und schneiden ihre Haare ab, rasieren sich die Glatze, dass jeder sieht und hört und weiss, hier wird Antwort gegeben, hier denkt das, was aus den verkündeten Blühenden Landschaften wuchs, (dann verkam ?) und nicht mehr weiß, als dies, was daraus entsteht, wenn Unrecht herrscht und Lüge und Geld als Maß der Macht, die ihren Profit holt aus der Verelendung dessen, wofür der Mensch lebt. Wer die Kommunikation zwischen Menschen und Welt auf Lügen baut, hat schlecht gebaut.